Audinate-Firmware mit AES67-Unterstützung

Dante wird AES67-fähig

Kurz vor der Prolight+Sound gab Audinate die Veröffentlichung einer neuen Firmware-Version mit AES67-Untertützung bekannt. Mit John Rechsteiner (Vizepräsident Sales und Support bei Audinate) und Kieran Walsh (Senior Manager Technische Lösungen) sprachen wir über die technischen Details.

John Rechsteiner (l.) und Kieran Walsh von Audinate
John Rechsteiner (l.) und Kieran Walsh von Audinate (Bild: Christiane Bangert)

Vor einem Jahr haben wir mit Lee Ellision gesprochen: Innerhalb eines Jahres sollte die Zusammenarbeit von Dante-Schnittstellen mit AES67 möglich werden. Dies ist nun Wirklichkeit?

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John Rechsteiner: In den drei Wochen nach der Prolight+Sound geht die neue Firmware an unsere Kunden. Wir gehen davon aus, dass erst mal einige Tests stattfinden werden, auch mit den anderen Geräten, die AES67-kompatibel, aber nicht Dante-basiert sind. Jeder unserer OEM-Kunden entscheidet dann selber, wann er die Firmware mit AES67-Unterstützung für seine Geräte herausbringt.

Sie haben wahrscheinlich auch schon einige Tests durchgeführt?

John Rechsteiner: Sicher. Bisher sind aber die Testmöglichkeiten beschränkt, weil es nicht so viele Produkte gibt, die AES67 verstehen. Erst jetzt gibt es mit der neuen Firmware von Audinate hunderte potenzielle AES67-fähige Produkte unterschiedlicher Hersteller, die zusammen getestet werden können. Kieran Walsh: Es gibt über 400 Dante-Produkte, die verkauft werden und eine Technologie oder ein Standard gewinnt an Bedeutung durch die Produkte, die man kaufen kann.

Wie werden sich die Themen Steuerung und Geräteerkennung entwickeln?

Kieran Walsh: Zu diesen Themen ist nichts in der AES67 definiert. Daher wird es wie bei anderen aufkommenden Netzwerk-Technologien sein: Die Entwickler müssen die Details ihrer Implementation veröffentlichen, so dass der Nutzer sehen kann, ob und wie die Kommunikation zwischen den Schnittstellen zu realisieren ist. Solange diese Prozesse nicht standardisiert sind, bleiben alle Wege innerhalb der AES67 offen. Wir haben unsere eigenen Mechanismen im Dante-Netzwerk, die arbeiten sehr gut. Alles Weitergehende bei AES67 ist nicht unsere Entscheidung. John Rechsteiner: Genau da liegt der Unterschied zwischen einem Standard und einer umfassenden Lösung wie Dante: Ein Standard bedeutet nicht, dass Dinge optimiert sind oder zusammenarbeiten. Es ist nur der kleinste gemeinsame Nenner.

Man muss im Hinterkopf behalten, dass man nicht einfach zwei Geräte mit AES67-Schnittstellen miteinander verbinden und sich darauf verlassen kann, dass der Signalaustausch inklusive Routing funktioniert, so wie man es analog kennt?

Kieran Walsh: Es war auch bei analogen Verbindungen lange Zeit nicht selbstverständlich, dass sie funktionieren. Man bedenke nur, wie lange es gedauert hat, bis die Pin-Belegung einheitlich war. Bei MADI hat es ca. 20 Jahre gedauert, bis Schnittstellen weitestgehend kompatibel waren. Und bei AES67 stehen wir gerade erst ganz am Anfang.

Wie wird sich AES67 weiterentwickeln? Wird es stark nachgefragt werden? Oder werden sich die Nutzer eher nach einigen Diskussionen entscheiden, bei Dante zu bleiben?

John Rechsteiner: Es gibt für Dante-Nutzer – Endkunden mit Dante-Systemen oder Hersteller von Dante-Geräten – keine Notwendigkeit, auf AES67 umzusteigen, weil AES67 innerhalb eines Dante-Netzwerkes keine Vorteile bietet. Im Gegenteil, die wichtigen Dienste wie Geräteerkennung, automatisches Einlesen und Bedienoberflächen für das Routing fehlen. AES67 mittels der Dante-Schnittstelle wird erst dann interessant, wenn es um den Austausch von Audiosignalen mit Nicht-Dante-Produkten geht. Wie wichtig dieser Austausch wird, hängt auch davon ab, welche Geräte mit AES67 auf den Markt kommen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auch zu AES67 irgendwann die zusätzlichen Funktionen geben wird.

Jetzt sind zwei interessante Entwicklungen von Dante herausgekommen: die AES67-Interoperabilität und Dante Via. Was kommt als Nächstes?

John Rechsteiner: Einige Dinge, über die wir öffentlich sprechen, liegen im Bereich Service. Audio-Netzwerken steht ja erst am Anfang und je größer die Netzwerke werden, die unsere Kunden bauen möchten, umso wichtiger wird es auch, sie beim Aufbau und der Verwaltung zu unterstützen.

Kieran Walsh: Ein wichtiger Punkt bei Dante ist, dass es reale Möglichkeiten eröffnet. Es ist gut, über offene Standards zu reden. Wenn man aber ein Audio – gerät nutzt, dann möchte man die Dinge weiternutzen, die man schon hat und auf der Basis schauen, wie man sich weiterentwickeln kann. Dante Via z. B. kann jede Schnittstelle an einer Mac- oder Windows-Maschine verwalten. Da öffnen wir die Hardware. Jetzt kann der Nutzer selber entscheiden, welche Lösung für ihn passt und wofür er Geld ausgibt. Ob für ihn die Anschaffung von Hardware Sinn macht oder für ihn die Qualität und Latenz eines USB-Mikrofons vollkommen ausreichen. Audinates Ansatz war von Anfang an, die Welt so zu nehmen, wie sie ist und Wege zu er- öffnen, damit es Weiterentwicklungen geben kann. Wir diktieren keine technologischen Lösungen, sondern hören auf das, was unsere Kunden wollen. Alle erfolgreichen Hardware- und Software-Firmen haben so gearbeitet.

Wird Audinate auch vermehrt in die Ausbildung der Nutzer investieren?

Kieran Walsh: Wir verbringen viel Zeit damit, unsere Kunden und Endnutzer zu schulen. Besonders bei den Installationen geht es oft darum, eine gemeinsame Kommunikationsebene mit den IT-Spezialisten zu finden. Da ist es wichtig, so viele IT-Kenntnisse zu haben, um der IT-Abteilung ihre Fragen gerade auch zur Sicherheit beantworten zu können. Und das ist ja das Schöne an einer Layer 3-Lösung: sie kann von Hause aus sicher sein. Wenn man mit den Mitarbeitern der IT-Abteilung eine Ebene findet, auf der die gegenseitigen Anforderungen und Begrifflichkeiten verstanden werden, lassen sich auch in Installationen mit höheren Sicherheitsansprüchen gemeinsame Lösungen finden.

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