Pandoras Box mit neuen Features

Mehr Funktionen, vereinfachter Workflow: Pandoras Box Version 6.0

Christie stellte auf der LDI in Las Vegas die Pandoras Box Software und den Widget Designer in Version 6.0 vor: Laut Entwicklern soll diese Version einen vergrößerten Funktionsumfang bieten, den Workflow aber deutlich vereinfachen.

Pandoras Box
(Bild: Harry Heckendorf)

Nachdem die Kölner Firma coolux in der Christie Digital Systems aufgegangen war, wird nach der damaligen Version V, die bereits vor fünf Jahren auf den Markt kam, nun das erste Release unter neuer Firmierung veröffentlicht. Zunächst die neuen Kern-Features von Pandoras Box Version 6.0 im Überblick:

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Es gibt eine Multiuser-Funktionalität für simultanes Timeline Editing, Warping und jegliche Content-Bearbeitung. Mit dem Canvas Modus kann jede Art von Maskierung und Oberflächenfärbung live vorgenommen werden. Editierbare Meshes nehmen spontan und direkt FFD und vertex-warping vor.

Ein UV Map Adjustment, das unmittelbar – d. h. ohne externe Tools – im Preview-Fenster vollzogen werden kann. Dabei wurde in der Version 6.0 das Hauptaugenmerk darauf  gelegt, den Usern ein 2D-Interface zu bieten. Die Absicht dahinter: Die meisten 2D-Anwendungen und -Anforderungen sollten in einem gut übersichtlichen und angemessenen Rahmen bewältigt werden können. Braucht man einen 3DRaum für die eine oder andere Aufgabe – oder gar während der Umsetzung – kann per Klick die gesamte Ansicht des Projekts gewandelt werden. Mit einem Klick kann die 3D-Ebene genauso schnell wieder verlassen werden.

Pandoras Box
Im Preview Fenster deutlich einfacher erkennbar: mit Drag & Drop können die gewünschten Funktionen angewählt sowie das Screenlayout eingerichtet werden. Man braucht sich nicht mehr durch Parameter von Baumstrukturen zu klicken (die Kameras z. B. sind leicht zu erkennen). (Bild: Harry Heckendorf)

Das Pixel based User-Interface dient einem einfachen und präzisen Umgang mit dem Content. Schließlich erlaubt es die neue Preview-Interaktion, sämtliche neuen Modi und Parameter unmittelbar mit der Render Engine in Echtzeit zu verknüpfen.

Die zentrale Instanz: Das Preview-Fenster
Die Version 6 baut sich grundsätzlich auf Version V auf, die grafische Oberfläche wurde also nicht etwa komplett neu strukturiert. Doch liegt dieser Version ein ganz neu durchdachtes Konzept zugrunde. Man kam zu der Überzeugung, dass für die überwiegende Zahl aller Shows eine 2D-Konzeption reicht und eine dementsprechende Arbeitsoberfläche hilfreicher und praktischer sein dürfte als das „herkömmliche“ bzw. grundsätzliche Arbeiten in einer 3D-Umgebung. Ein weiterer grundlegender Ansatz bei der Entwicklung dieser Software war, möglichst externe Tools – und somit zeitraubende Import-/Exportvorgänge – zu vermeiden. Es galt also, wichtige Funktionen zu implementieren, um den Workflow drastisch zu erleichtern und diese an einer zentralen Stelle der Software – respektive der Benutzeroberfläche – zu platzieren. Um für alle Funktionen als Zentrale zu dienen, wurde das Preview-Fenster auserkoren. Dieses Fenster bietet alle Möglichkeiten für Content-Bearbeitung als auch für die Layouts, so dass man nach Herzenslust warpen, mappen, re-mappen kann.

Pandoras Box Projection Mapping
Möchte man das UV-Mapping aus einem bestimmten Blickwinkel auf eine Bühne – die vielleicht noch in verschiedene Teilbereiche strukturiert ist – projizieren, um den Content als Einheit auf unterschiedliche Teilbereiche zu präsentieren, so kann die gewünschte Kameraperspektive ausgesucht werden. (Bild: Harry Heckendorf)

Wie eingangs erwähnt, liegt die 3D Welt nur einen Mausklick weit hinter der neuen 2D-Oberfläche. Zugang zu den Befehlen bekommen die User jetzt über die neuen Befehls-Buttons, die L-förmig um die linke obere Ecke des Preview-Fensters angeordnet sind. Die GUI erscheint jedoch durch die Farbanpassung etwas anders. In diesem vollständig interaktiven Funktionsumfeld des Preview-Fensters können also Layer verschoben, 2D-Flächen oder 3D-Objekte angepasst und gewarpt werden. Auch UV-Koordinaten können hier definiert und z. B. auch Teilbereiche angepasst werden. Wie immer in der Pandoras Box natürlich in Echtzeit.

Ebenso können auch verschiedene Preview-Möglichkeiten angewählt und dargestellt werden. So kann z. B. der finale Output angezeigt werden und gleichzeitig auch die globale Darstellung. Der Output kann so deutlich leichter und übersichtlicher editiert werden. Diese Arbeitsweise ist entsprechend auf den Warping-Bereich übertragbar. Es ist möglich zwei, vier oder acht Ausgänge darzustellen und schnell zwischen den Ausgängen Änderungen vornehmen zu können.

Der integrierte Warper
Der interne Warper bietet die Möglichkeit, beliebig viele 3D Editable Meshes zu importieren und anzulegen, die jeweils aus mindestens einer Objektebene und beliebig vielen Subebenen bestehen können. Das Prinzip ist entsprechend auch auf den 2D-Bereich anwendbar, wenn z. B. Content- Teilflächen auf unterschiedliche, unzusammenhängende LEDWände usw. verteilt werden sollen. Auch hier können alle Befehle ohne Umwege im Vorschaufenster in Echtzeit erfolgen. Alle im Preview-Fenster angelegen Objekte (bzw. Flächen) können auf jeden beliebigen Layer verknüpft oder direkt auf den Output gelegt werden. Sämtliche Arbeitsschritte können bequem per Drag & Drop ausgeführt werden – also ohne langwierige Schritte in den Menübäumen der Software. Der benötigte Content wird so zunächst den Layern bzw. dem Output zugewiesen. Anschließend finden sich im Mesh Editing Mode sämtliche Möglichkeiten (FFD usw.), die vorher im externen Warper vorhanden waren.

Ein praktisches neues Feature ist die Möglichkeit, sich auf der zweidimensionalen Achse zu bewegen, so dass man mit einer „Kamera“ frei um einen Curved Screen fahren und sich dabei Teilbereiche anschauen kann. Früher im Warper war immer nur das feste Bild zu sehen, das jeweils den Output zeigte. Jetzt ist es möglich, sich Details anzuschauen und sich frei im 3D-Raum zu bewegen und dabei Anpassungen zu machen. Der Operator kann das Objekt/die Fläche von jeder Achse aus betrachten und viel freier mit der Preview agieren, während er das Objekt warped. Alle dabei vorgenommenen Änderungen werden live angezeigt. Dies bringt den Vorteil, dass jeder beliebige Content – ob von der Timeline oder nur Test Content (Grid, Farben usw.) – deutlich schneller beurteilt werden kann als üblich. Hinzu kommt, dass man z. B. bei einem Curved Screen immer wieder auch in die 3D-Welt springen und so ggf. viel präzisere Korrekturen vollziehen kann.

Alle FFDs und Scheitelpunkte sind entsprechend über die Tastatur oder über die Maus ansteuerbar. Überdies kann man mit einer Zoom-Funktion ganz gezielt die benötigten Punkte anwählen. Wie schon in Version V können fbx-3ds- und OBJFormate importiert und anschließend umgewandelt werden, so dass diese entsprechend editiert werden können.

UV Mapping, Warp Pre-Mapping und Re-Mapping
Sobald komplexere, kreativere und flexible Warping-Anforderungen auf die klassische Anpassung eines Projektors auf eine Leinwand gefordert werden, ist der Einsatz von UV- Koordinaten sinnvoll. Die Version 6 bietet z. B. die Möglichkeit, den Sub-Objekten bei Bedarf unterschiedliche UV-Maps zuzuweisen. Aus einmal eingepflegten Texturen (Quellkoordinaten) können Teilbereiche ausgeschnitten und völlig frei (nicht nur zwischen den Scheitelpunkten) bearbeitet bzw. frei gewarped werden. Das bietet den Vorteil, dass verschiedene Oberflächen (bzw. Contents für diese Oberflächen) zunächst als Quellpositionen in das Projekt übertragen und später auf den „Untergrund“ angepasst werden können.

Ein ähnlicher Ansatz liegt dem Re-Mapping zugrunde, also immer, wenn es um Neuzuordnung / Neuvermessung von Content geht und weniger um Warping. D. h., wenn etwa Inhalte auf nicht zusammenhängende LED-Wände angepasst werden sollen. Re-Mapping kann vor allem hilfreich werden, wenn sich die zu verteilenden Inhalte gemeinsam in einer 16:9-Formatvorlage befinden, die von der Content-Agentur angeliefert worden ist. Dem Operator vor Ort ist es dann vergönnt, einzelne Bereiche abzutrennen und auf die dafür vorgesehenen Flächen (der Projektion / oder LED-Wand) zu verteilen und anzupassen.

Hier verfährt man so, dass zunächst ein editable Mesh angelegt wird. Beliebig viele Subobjekte können nun auf diese Pixel-Fläche angelegt werden. Da dies im Pixel orientierten Workflow stattfinden kann, ist eine absolut exakte Anpassung möglich. Im UV-Modus kann nun definiert werden, welche(r) Teilbereich(e) aus dem ursprünglichen Content geschnitten werden soll(en). Danach wird die ausgeschnittene Teilfläche per Drag & Drop oder Pixelangabe an der entsprechenden Stelle positioniert. Über einen Stempelbefehl (ein Button am Preview-Fenster) wird der Vorgang sozusagen „besiegelt“. Dieser Vorgang kann je nach Anforderung wiederholt werden. Natürlich können erst mehrere Positionierungen vorgenommen werden, bevor einmalig „gestempelt“ wird. Hier ist kein zeitraubendes Exportieren und erneutes Importieren mehr nötig, sondern alle Anpassungen können direkt im Preview-Fenster in Echtzeit vorgenommen werden.

3D-UV-Mapping
Die Version 6 bietet auch ein perspektivisches Mapping. Hier können 3D-Objekte (wie etwa komplette Bühnen) in einem frei ausgewählten Blickwinkel durch eine Kameraperspektive betrachtet und Inhalte perspektivisch exakt angepasst werden. Nachdem dafür zunächst die benötigte (x-beliebige) Kameraperspektive festgelegt wurde, kann der Content durch einen halbdurchsichtigen Referenz-Layer auf das 3D-Objekt angelegt und angepasst werden. Durch entsprechendes Maskieren mit dem Mapping Layer erscheint der Content nur auf den dafür vorgesehenen Bereichen. Die finalen Daten werden somit auf Basis der „Kameradaten“ (Öffnungswinkel und Position) und dem Verhältnis zum Layer auf das finale Objekt projiziert. Auf diese Weise können nicht nur Anpassungen vorgenommen werden, sondern auch eine optische Achse bestimmt bzw. hervorgerufen werden.

Editbarer Fullscreen und Multi User Funktion
Alle beschriebenen Arbeiten können sowohl über einen Pandoras Box Manager oder auch im Stand-Alone-Betrieb ausgeführt werden. Hier bietet Pandoras Box 6 zwei Fullscreen Preview-Möglichkeiten: einen editierbaren Fullscreen, um z. B. auf Playern zu Warpen, sowie den Output als Fullscreen Ansicht, in dem alle Bedienelemente dann selbstverständlich ausgeblendet sind.

Während die meisten bisher vorgestellten Funktionen nicht grundsätzlich neu, sondern in den Vorgängerversionen der Pandoras Box lediglich ausgelagert waren, stellt Multi User nun ein völlig neues Manager-Feature dar. Bisher war es beispielsweise bei einem Quad Server nur möglich, mit einer Tastatur und einer Maus-Befehle zu generieren. Die Idee der Multi User-Funktion geht so weit, dass damit sogar ein Warping von zwei Operatoren gleichzeitig vorgenommen werden könnte (was sicherlich nur in seltenen Situationen angewandt werden kann).

Multi User bietet aber in der Tat die Möglichkeit, für vier Operatoren an einem Quad Server die Arbeitsschritte aufzuteilen und gleichzeitig an den Aufgaben eines Projekts zu arbeiten. Und Multi User ist dabei funktional für sämtliche Features Maskieren, Warpen, Re-Mapping, Timeline oder Content Encoding – eben für alle Teilbereiche, in denen man Arbeit sinnvoll aufteilen kann. Jeder Operator kann sich jetzt z. B das Mesh einer der vier Ausgänge vornehmen und loslegen. (An dieser Stelle wird auch deutlich, dass die integrierten Features – wie der Warper – nun nicht an dem einen Operator hängen bleiben und er etwa die Warping-Arbeit des ehemals ausgelagerten Warping Operator auch noch übernehmen muss.) Multi User wurde aber nicht deshalb entwickelt, sondern ist als eine sinnvolle Option für das eventuelle Zusammenspiel zu sehen.

Per Default ist das System so eingestellt, dass dieses Feature alle Manager, die im Multi User-Verbund arbeiten, komplett gegenseitig updatet und sie sich somit ständig im identischen Zustand befinden. Dies bedeutet: sowohl Timeline, Content der Timeline Pointer und auch die jeweils aktiven Werte werden zeitgleich auf die Systeme verteilt. Wenn dies aber der einzige Weg wäre, so würde Multi User nichts weiter als ein besseres Tracking Backup darstellen!

Pandoras Box
Neue Darstellung des Playlist Editors. (Bild: Harry Heckendorf)

Blind Preview und Blind Programming
Der Multi User kann aber explizit nicht nur vollsynchron, sondern ganz gezielt asynchron arbeiten. So kann etwa die Time line, ganz im Sinne einer Blind Preview, entkoppelt werden und schon mal auf einem zweiten Rechner eine Programmierung überprüft werden – und zwar auch als alleiniger User. Es ist daher möglich, auf einer Backup-Maschine ein unabhängiges Preview vorzunehmen.

Der zweite Schritt wäre, auch die aktiven Werte zu entkoppeln, um ein Blind Programming machen zu können. Im lokalen Preview könnte man (zum Beispiel das Ende der Show) vorprogrammieren, während die Timeline bereits für den eigentlichen Showablauf genutzt wird. So ist entweder eine bequeme Arbeitsteilung mit mehreren Operatoren oder alleiniges Arbeiten für abgekoppeltes Vorbereiten bequem machbar. Erst wenn z. B. der zweite (dritte usw.) Mann Werte auf die Sequenz speichert, werden die Änderungen auch für den Rest der eingebundenen Operatoren gültig bzw.: Erst dann erfolgt die Aktualisierung der Timeline.

In einem komplett entkoppelten Modus, der weder Timeline noch Content synchronisiert, können vorprogrammierte Container per Befehl auf einen Manager übertragen werden. Jeder der eingebundenen Operatoren entscheidet eigenverantwortlich darüber, wie viel Zeit nötig ist, um rechtzeitig abzuliefern – und somit auch über den Zeitpunkt der Freigabe. In der Praxis bedeutet dies, dass definiert werden kann, auf welcher Timeline welche Teilbereiche oder welche Layer geschickt werden sollen. So kann / können ein oder mehrere ausgewählte Layer oder ein definierter Teilbereich zwischen zwei Cues an einen anderen Manager übertragen werden. Zum ersten Mal können dadurch auch Files aus älteren, bereits vorhandenen Show-Versionen zusammengefügt werden.

Alle vorhandenen Inhalte können frei auf alle Computer im Netzwerk verteilt werden. Und obwohl sich in diesem Moment streng genommen eine Asynchronität bietet, ist man gemeinsam in der Lage zu enkodieren, vorzubereiten und Inhalte auf die Clients zu schicken. D. h. sobald Content Operatoren die Inhalte dem Hauptprogrammierer zur Verfügung stellen, hat dieser keine Wartezeiten mehr. Präzise Kommunikation ist auch in dieser Multi User-Funktion – wie immer bei der Arbeit mit mehreren Menschen – unabdingbar. Kurzum: Alle Arbeitsschritte können für jeden, der im Netzwerk ist, sichtbar ausgeführt werden, d. h. jede Änderung taucht entweder bei allen Operatoren auf oder jeder oder nur einzelne „nehmen sich zurück“ und pushen ihr Arbeitsergebnis erst später und „stören“ die anderen Teilnehmer gar nicht erst mit den Rohdaten bzw. (weniger relevanten) Zwischenständen.

Fazit
Vor fünf Jahren kam Version V auf den Markt, etwa zwei Jahre feilten die Kölner Entwickler jetzt an der neuen Software, die ab dem 1. 11. 2016 ausgeliefert wird. Das Ergebnis ist eine drastische Verbesserung im Workflow durch den Verzicht auf externe Tools. Besonders praktisch ist die Möglichkeit, die verschiedenen Modi im Preview zu wechseln. Den Entwicklern ist der Spagat gelungen, einen vergrößerten Funktionsumfang zu bieten, aber den Workflow deutlich zu vereinfachen. Der Multi User-Modus wird sicherlich von allen Top-Operatoren gefeiert werden, die mit eingespielten Teams an Shows arbeiten. Der Mehrwert dieser Möglichkeit wird sich aber sicherlich auch Einsteigern rasch erschließen.

Version 6 wird zum gleichen Preis angeboten wie die bisher aktuelle Version V. Updates auf Version 6 werden ca. 25 Prozent des Listenpreises kosten. Alle Server, sofern sie dem Pro Server Lizenz Standard entsprechen, werden kostenlos upgedatet

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