Setdesign im Hörsaal

Bereits 2012 konnten wir uns einen Eindruck von einem der größten und professionellsten Uni-Musicals Deutschlands an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät (EWF) in Nürnberg verschaffen. Mit der Produktion „Natürlich Blond“ wurde dies 2016 noch einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

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Bereits seit 2002 werden an der EWF unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Pfeiffer in zweijährigem Turnus Uni-Musicals als fester Teil des Studiums durchgeführt. Den teilnehmenden Studenten – in erster Linie angehenden Musikpädagogen – soll dadurch die Möglichkeit gegeben werden, durch professionelles Gesangs-, Tanz- und Schauspiel-Coaching sowie dem Sammeln von Bühnenerfahrung deutlich an Präsenz für ihren späteren Lehrberuf zu gewinnen.

Mit dem steigenden Erfolg der Musical-Serie wuchsen gleichermaßen auch der Anspruch und die Anforderungen an die technischen Rahmenbedingungen. Bereits frühzeitig wurde es daher notwendig, alle Positionen außerhalb des eigentlichen Cast – wie Bühnenbild und Kulissenbau sowie Licht- und Tontechnik – mit professionellen Dienstleistern zu besetzen. Ein Großteil dieser Dienstleister blieb der EWF über einen langen Zeitraum bis heute treu, beispielsweise die Firma „In-Phase-Event GmbH“ (www.in-phase-event.de) als Technik-Company, Tontechniker Christian Reinfelder oder Lichtdesigner und Operator Johannes Voltz. Diese professionelle Beständigkeit bietet immer wieder ein entspanntes, nahezu familiäres Umfeld für die hoch motivierten und engagierten Studenten und erzeugt dadurch einen ganz besonderen Spirit, quasi den Nährboden für erstklassige Produktionen auf beeindruckendem Niveau.

Die aktuelle Inszenierung unter der Regie von Peter Kirchner erzählt mit „Natürlich Blond“ die Geschichte einer jungen Frau, die – von ihrem Freund zu Gunsten seines Jurastudiums in Harvard verlassen – der Welt und ihrem Ex, letztlich aber vor allem sich selbst beweist, dass mehr in ihr steckt als eine einkaufssüchtige Fashion- und Make-up-Queen.

Bühnenbild & Lichttechnik

Wie schon die letzten Jahre stammte auch das Bühnenbild von „Natürlich Blond“ aus der Feder von Barbara Seyfried. Das wandlungsfähige Set war sicherlich eines der Highlights, stellte die mit der Umsetzung beauftragte Mannschaft aber vor größere Herausforderungen. Mit einem nahezu klassischen Hörsaal ohne Bühnenhaus und Hängepunkte, fester Bühne mit geringer Tiefe, fester Bestuhlung sowie „gehobener Lage“ im ersten Stock ohne Fahrstuhl stellte bereits der Spielort gewisse Anforderungen an die Quantität des einzubringenden Equipments. Darüber hinaus erforderte das Bühnenbild mit stilisiertem Gebäude und zweiter, erhöhter Spielebene, großer Treppe sowie großen Kulissenelementen auch einiges an Qualität, um eine sinnvolle Umsetzung des Designs zu ermöglichen.

Die Lösung fand sich in den Systemzargen der Firma „Hoac“, wodurch erst die benötigten Spannweiten und Belastbarkeiten möglich wurden, um Requisiten, Kulissen und einen Teil der Treppe aus Platzgründen unter der zweiten Spielebene zu parken. Das gesamte „Hoac“-Equipment stammte vom Wiesbadener Unternehmen „Schoko Pro“ und wurde dem Musical nebst fachkundiger und freundlicher Planung zu äußerst günstigen Konditionen zur Verfügung gestellt, wie Lichtdesigner Johannes Voltz bei unserem Rundgang dankbar erwähnt.

Ähnlich dem Bühnenbild von „Aida“ beeindruckte das durchdachte Set-Design mit seinen funktionalen Elementen. Erwähnenswert sind hierbei nicht nur die vergleichbar einem Regal unter der Hausfront geparkten Ordner, die sich herausgezogen in Gefängniszelle, Studentenwohnung oder Imbissbude verwandelten. Vor allem die zentrale Treppe bot immer wieder neue Looks und Hintergründe, egal ob in eingefahrenem Zustand als Balkon und Terrasse oder ausgefahren als Hör- beziehungsweise Gerichtssaal.

Mangels Hängepunkte musste die gesamte Lichttechnik über einen Ground-Support realisiert werden, im Saal gibt es lediglich eine Art Z-Brücke in Form einer fest verbauten Laststange. Die dort lokal vorhandenen 2 kW ARRI-Stufen nutzte Johannes Voltz als Grundlicht, ergänzte diese im Ground-Support um diverse Robe-Produkte wie Robin 800 LEDWash, Robin DLS, DL4S und MMX Spot sowie einige Scheinwerfer aus dem eigenen Bestand. Hier zu nennen sind vor allem die aktuellen ETC Source 4 LED-Profiler der Serie 1 und 2, die sich sowohl als Vorder- wie auch Gassenlicht fanden und von deren Helligkeit und Farbwiedergabe sich Voltz begeistert zeigte. Ein bisschen wie Relikte aus vergangenen Tagen wirkten im Gegensatz dazu zwei Amptown/ControLite HP Squarcle 575 W HMI Washlights sowie die 4-flammigen Lucina-Leuchtstoffwannen. Dennoch verrichteten die beiden extrem leisen Washlights durch die einfahrbaren Blendenschieber als HMI-Führungslicht nach wie vor gute Dienste und insbesondere die Leuchtstoffröhren konnten durch ihre extrem flächige und gleichmäßige Ausleuchtung von Opera und Bühnenbild viele moderne LED-Produkte in ihre Schranken verweisen. Ergänzt wurde das Lichtsetup durch einige konventionelle sowie LED-betriebene PARs, LED-Streifen in den Treppenstufen sowie diverse Effektscheinwerfer als Gegenlichteffekte bei den Tanzszenen.

Eine ETC Cobalt Konsole steuerte die insgesamt drei DMXUniversen sowie mittels OSC-Anbindung (Open Sound Control) ein ArKaos GrandVJ XT-System auf einem Macbook Pro. Bespielt wurden damit zwei als Fenster in das Bühnenbild eingebaute Rückpro-Leinwände durch Panasonic-Projektoren PT-D6000 mit 6.000 ANSI-Lumen – ein einfaches, aber dem Bedarf angepasstes und fehlerfrei arbeitendes Setup!

 

Materialliste Licht (Auszug)

LED: 2 × Robe DL4S Spot 3 × Robe DLS Spot 8 × Robe 800 Led Wash 7 × ETC Source 4 Led Series 2 4 × ETC Source 4 Led Lustr+ 8 × ETC Color Source 4 Led 4 × ADJ Dotz Brick 2 × ADJ Inno Pocket Z4 Beamlights 2 × Eurolite STP10 Led Striplights 6 × Showtec Sunstrip Striplight passiv 2 × ACL (64/36) 14 × Generic Par 64/ CP60 5 × Lucina 4-flammige Leuchtstoffröhre 2 × ETC Selador Vivid 21
Entladungslampen: 2 × Amptown Washlight HP Squarcle 575 Watt 6 × Robe MMX Spot

Hauslicht: 12 × ARRI 2 kW Stufen 4 × Enizoom 2 kW Profiler
Follow: 2 x× Verfolger Robert Juliat

Lichtpult: ETC Cobalt 10 + Faderwing 2×20 + 2 Ilyama Touchscreen
Video: 2 × Panasonic PT D6000 6000 ANSI-Lumen 2 × Spezial Weitwinkeloptik 1:0,8 Abstand Rückpro 1 × Macbook Pro mit Arkaos Grand VJ XT

 

Tontechnik

Analog der Lichttechnik waren es auch im Bereich Tontechnik mit je vier d&b Audio C4 Top und Sub als Main-PA, vier Nexo RS18 als Bass, Nexo PS8 als Nearfill und Centerspeaker, vier Concert Audio V12 als Bühnenmonitoring sowie zwei Kling&Freitag CA106 als Delayline sicher nicht quantitative Superlative, sondern eher qualitative Details, die uns bei unserem akustischen Rundgang ins Auge fielen.

Hierbei zu nennen ist beispielsweise eine allgemein sehr hochwertige Mikrofonie für die aus Bass, Gitarre, Drums, Keyboards und Bläsern bestehende Band, unter anderem Schoeps CMC 6 Ug mit MK4-Kapsel für Overhead und HiHat oder ein DPA d:vote 4099 für die Geige, aber auch ein eher exotischer Vertreter wie ein Beyerdynamic M380 für die LoTom am Drumset. Im Gegensatz zu „Aida“ hatte man sich bei „Natürlich Blond“ wieder für ein echtes Natur-Schlagzeug entschieden, auch wenn dies hinsichtlich Schallemission am Standort direkt neben der Spielfläche deutlich schwieriger zu handeln ist – aber „dies ist eine Rockshow! Und eine Rockshow möchte ich nicht mit einem E-Drumset machen – das geht einfach nicht!“ so der musikalische Leiter Toni Hinterholzinger auf Nachfrage.

Die Schallwandlung des Cast erfolgte mittels 13 Sennheiser ew100G3 1G8 Funkstrecken mit Sennheiser HSP4 Headset, ergänzt um vier Sennheiser ew500G3 CFunkstrecken mit DPA4066 Headset sowie zwei Shure ULX-Funkstrecken mit SM58- Handsender. Gleichzeitig im Einsatz waren dabei 18 Strecken, ein Handsender war für den Fall der Fälle als Spare vorbereitet.

Eine weitere Spezialität fand sich am FOH-Platz: Neben einer Digico SD8-Konsole benutzte Tontechniker Christian Reinfelder einiges an Outboard-Equipment, beispielsweise einen szenenautomatisierten Eventide 2016 als Vocal-Hall sowie einen Amek 9098 als Vocal-Kompressor. Interessant aber wurde es mit einem Rack, das seinen dezenten Platz unter den Stuhlreihen gefunden hatte. Hier arbeiteten zwei Hallgeräte, wie man sie in einer Liveproduktion eher selten zu Gesicht bekommt: Ein Quantec 2402/F Yardstick für die Keyboards sowie ein Klark-Teknik DN780 für die Bläser. „Wir haben sehr viel ausprobiert, sind aber leider letztlich bei diesen Geräten hängengeblieben. Natürlich mussten die dann an den Start, deshalb hab ich sie aus meinem Studio aus – gebaut …“ erzählt Hinterholzinger mit einem Schmunzeln.

Auch das Band-Monitoring barg eine interessante Konstellation: Hier wurde der MADI-Stream der Digico-Stagebox direkt in ein Behringer X32-Core eingespielt und von hier auf die Kopfhörerverstärker der Musiker gelegt. Trotz einiger Zweifel, ob die Kommunikation Digico-Behringer problemlos möglich ist, funktionierte das Setup von Beginn an fehlerfrei und gab so den Bandmitgliedern die Möglichkeit, sich mit im WLAN eingebundenen iPads ihren individuellen Monitorsound zusammenzustellen. Begünstigt wurde dieses Setup glücklicherweise dadurch, dass sich mit Toni Hinterholzinger und Bassist Felix Herzog zwei Tontechniker in der Band befanden und bereits bei den Proben mit dem kompletten System gespielt werden konnte.

 

Materialliste Ton (Auszug)

Main PA: 4 × d&b Audiotechnik C4 Top 4 × d&b Audiotechnik C4 Sub 4 × Nexo RS18 Sub
Nearfill: 2 × Nexo PS8
Center: 1 × Nexo PS8
Delayline: 2 × Kling&Freitag CA106
Backstage Monitoring: 2 × Genelec 1029
Bühnenmonitoring: 4 × Concert Audio V12
Mischpult FOH: 1 × DiGiCo SD8 incl. MADI Rack
Outboard: 1 × Eventide 2016 Reverb (Vocalreverb) 1 × Amek 9098 (Vocalcompressor) 1 × Quantec 2402/F Yardstick (Streichersounds) 1 × Klark-Teknik DN780 Reverb (Bläser)
Bandmonitoring: 1 × Behringer X32 Core via MADI an DiGiCo MADI Rack angebunden
Funkstrecken: 13 × Sennheiser ew100G3 1G8 mit Sennheiser HSP4 Headset 4 × Sennheiser ew500G3 C mit DPA4066 Headset 2 × Shure ULX mit SM58 Handsender
Bandmikrofonie: 1 × Shure Beta 91A (Bass Drum) 1 × Shure Beta 98A (Snare) 1 × Audio-Technica Pro35X (Hi Tom) 1 × Beyerdynamic M380 TG (Lo Tom) 2 × Schoeps CMC6Ug MK4 (Overhead, HiHat) 1 × AKG C4000 (Posaune) 2 × Sennheiser MD421 (Trompeten) 1 × Shure SM57 (Gitarre) 1 × DPA 4099 (Geige) 6 × Radial DI Box (Keyboards)

 

Fazit

Wie bereits bei unserem letzten Besuch im Jahr 2012 konnte das EWF-Musical auch diesmal auf ganzer Linie begeistern! Tanz und Schauspiel, vor allem aber der Gesang der Akteure lagen auf einem Niveau, das einen Vergleich mit internationalen Produktionen nicht zu scheuen braucht.

Auch das durchdachte und faszinierend verwandlungsfähige Bühnenbild wusste zu gefallen, die Lichttechnik überzeugte durch sehr stimmige, nicht überladen wirkende und immer wieder neue Räume schaffende Bilder. Der Sound war druckvoll und energiegeladen, gleichzeitig aber nie aufdringlich oder undifferenziert und brachte Musik und Gesang mit der jeweils gebotenen Emotion zur Geltung.

Es ist wohl vor allem dem besonderen Flair hinter den Kulissen und die daraus resultierende Liebe zum Detail in den technischen Gewerken zu verdanken, dass eine solch harmonische Einheit aus Kunst und Technik ohne materielle Superlative im Kleinen zeigt, wie Großes gemacht wird – Chapeau!

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