Hamburg feierte Anfang 2022 den fünften Geburtstag seiner „Elphi“ mit einer aufwändigen Drohnen-Installation. Ein Blick auf Ablauf und Technik des Events „Breaking Waves“ – der leider schon kurz nach Serienstart aus ungewöhnlichen Gründen wieder abgeblasen werden musste.
Ursprünglich schon für den Januar 2022 geplant, jedoch anlässlich Covid-Restriktionen mehrfach verschoben, fand am Abend des 28. April die Premiere der Lichtinstallation Breaking Waves im Hamburger Hafen statt. Wesentliches Element der knapp zehnminütigen Vorstellung war ein Schwarm aus 300 Drohnen, der das Elbphilharmonie-Gebäude umflog, sowie die zuvor im Konzerthaus live eingespielte und via Stream zum Publikum übertragene Musik.
Konzipiert wurde Breaking Waves vom Amsterdamer Künstlerduo Studio Drift. Deren Begründer Lonneke Gordijn und Ralph Nauta begeisterten zusammen mit ihrem Spezialisten-Team namens Dronestories schon mehrfach internationales Publikum mit bewegten Skulpturen unterschiedlichster Erscheinung. Zentrales Thema ihrer Kunstwerke ist insbesondere die Verknüpfung von Elementen aus Natur, Architektur und Technologie. So auch in Hamburg: Die Flugformation des Drohnenschwarms spielte mit der markanten Silhouette des Gebäudes und den Wellenbewegungen der Wasserflächen, von denen die Elbphilharmonie umgeben ist. Die Reflexionen der leuchtenden Drohnen im Wasser und in der Gebäudefassade vervollständigten den visuellen Gesamteindruck.
Die Aufführung in Hamburg stellte einige besondere, den Örtlichkeiten geschuldeten Anforderungen an die Realisatoren des Events. Laut Nils Stahl, Stv. Betriebsdirektor der Elbphilharmonie, ist hier an erster Stelle die Wind- und Wettersituation im Hamburger Hafen zu nennen. Zweifellos außergewöhnlich für die Hamburger Inszenierung ist zudem die Tatsache, dass nicht wie sonst üblich über freiem Feld geflogen, sondern ein Gebäude über einer Wasserfläche umflogen wurde. Die Handhabung der gesamten Genehmigungslage oblag dabei dem Dronestories-Team in enger Abstimmung mit der Elbphilharmonie. Hinzugezogen wurden Polizei, Luftfahrtbehörde sowie die Hamburg Port Authority.
Auf eine Außenbeschallung hatte man bewusst verzichtet. Laut Nils Stahl hätte die Beschallung großer Teile des westlichen Hafengebietes einen unverhältnismäßigen Aufwand notwendig gemacht. Da zudem spätabendliche Aufführungen über mehrere Tage geplant waren, hätten sich im innerstädtischen Bereich Probleme mit dem Lärmschutz ergeben. Man entschied sich deshalb für die Bereitstellung eines Audiostreams, über den das anwesende Publikum das der Installation zugrunde liegende Musikstück anhören konnte. Die Geräuschentwicklung der 300 Drohnen war laut Nils Stahl unproblematisch, da sich das Publikum aufgrund der Inselposition des Gebäudes in einem Abstand von mehreren hundert Metern zum Geschehen positioniert hatte. Der entstandene Geräuschpegel bedeutete somit keinen Störfaktor für die individuelle Musikwiedergabe via Smartphone.
Breaking Waves gilt mit seinen 300 Drohnen aktuell als eine der bisher aufwändigsten, in Deutschland aufgeführten Drohnen-Installationen. In Abstimmung mit der Elbphilharmonie wurde die Inszenierung von dem ebenfalls in Amsterdam ansässigen Künstler- und Techniker-Team Dronestories realisiert, welches von Studio Drift ins Leben gerufen wurde und auch, aber nicht ausschließlich, deren Konzepte umsetzt. Als Teil von Studio Drift gelten sie als international anerkannte Spezialisten für die Aufführung aufwändiger Drohnen-Events mit mehreren hundert Drohnen. Dronestories initiierte in der Vergangenheit groß angelegte Drohnen-Installationen, u. a. für das Burning Man Festival 2021 und die von der NASA veranstalteten Feierlichkeiten anlässlich der Jahrestage der Mondlandung.
Laut eigenen Angaben arbeiten Dronestories mit „speziell für Shows angefertigten Drohnen“. Sie zeichneten sich durch eine besonders hohe Windunempfindlichkeit aus und sind zudem mit sehr hellen LEDs ausgestattet (über 900 Lumen). Die Montage der Drohnen erfolgt in den USA. Sie sind für die Nutzung im Europäischen Luftraum lizensiert. In Hamburg kamen 300 dieser Drohnen zum Einsatz, laut Dronestories besteht jedoch keine technische Limitierung für die Anzahl der gleichzeitig geflogenen Drohnen.
Der Flug des Dronestories-Drohnenschwarms erfolgt vollständig programmiert und automatisiert. Die Basisstation mit dem „Pilot-in-Command“ hat – neben dem Auslösen des Startvorgangs – im Normalfall nur eine überwachende Funktion. Wird die Verbindung zwischen Pilot und Drohnen unterbrochen, sind die Drohnen in der Lage, ihr Flugprogramm autark fortzuführen. Zudem kann der Pilot die Beleuchtung des Drohnenschwarms manuell einschalten, um etwa außerplanmäßig auftauchende Luftfahrzeuge (z. B. Polizei- oder Rettungshubschrauber) zu warnen. Laut Dronestories arbeitet man jedoch derzeit an weiterreichenden Möglichkeiten, um den Schwarm auch in Echtzeit steuern zu können.
Üblicherweise nutzt Dronestories spezielle, Timecode-basierte Hard- und Software zur Synchronisation von Musik und Startzeitpunkt der Drohnen. In Hamburg beschränkte man sich jedoch auf einen über Funk von der Regie im Elbphilharmonie-Gebäude an den Pilot-in-Command gesendeten Countdown. Hilfreich für die Gesamtwirkung aus Choreographie und Musik war hier nicht zuletzt der über weite Strecken eher flächige Charakter des ausgewählten Musikstückes. So kamen abrupte Flugbewegungen in der Dramaturgie des Events erst gar nicht vor.
„Außergewöhnlich für dieses Event ist, dass hier nicht über freiem Feld geflogen, sondern ein Gebäude umflogen wird.“ Nils Stahl, Elbphilharmonie
Wie schon angesprochen, erfolgten sämtliche Flugbewegungen des Schwarms voll automatisiert nach zuvor programmierten Abläufen. Die „Drohnenbilder“ bzw. die Drohnen-Choreographie wird, wie allgemein üblich, auch bei Dronestories zunächst mit Hilfe unterschiedlicher 3D-Animations-Software gestaltet. Am Anfang stehen hier Ideen, Konzepte und schließlich Storyboards. Sie werden dann auf selbst entwickelte Software-Tools portiert, die wiederum Flugbewegungen und Beleuchtung der Drohnen errechnen. Die Dronestories-Software ist in der Lage, bestimmte Drohnenbilder ineinander zu überblenden und die dazu notwendigen Flugbewegungen zu erzeugen. Die exakte Ausarbeitung der Choreographie erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen den Studio-Drift Begründern Lonneke Gordijn und Ralph Nauta, 3D-Designern, Software-Spezialisten und Sounddesignern.
Für die Zukunft plant Dronestories weitere aufwändige Projekte in den USA. Darüber hinaus betont das Team, ständig an Verbesserungen und technischen Entwicklungen ih- rer Drohnentechnologie zu arbeiten. Einziger Wermutstropfen: Alle weiteren Vorführungen mussten nach der Premiere abgesagt werden. Laut Bescheid der Niedersächsischen Luftaufsichtsbehörde sei die Installation durch Fremdeinwirkung empfindlich gestört worden. Offenbar hätten Unbekannte eine fremde Drohne auf Kollisionskurs geschickt und dadurch Abstürze ausgelöst. Die zuständigen Ämter sahen somit die Sicherheit des Publikums gefährdet und entschlossen sich zur Aussetzung der Veranstaltung an den Folgetagen.