Plattform für Veranstaltungspersonal

Wie CrewCall vernetzt und Türen öffnet

Während des Lockdowns ist CrewCall als virtuelle Begegnungsstätte für stillgelegtes Veranstalterpersonal entstanden. Seinerzeit als Selbsthilfe in der Not gestartet, hat sich die Plattform mittlerweile als stetig wachsendes Netzwerk in der Veranstaltungsbranche etabliert – ein Gespräch mit Casi Will, Katha Santa und Alex Schmitt vom CrewCall-Admin-Team.

CrewCall Ausbildungsstammtisch auf LEaT con Bühne(Bild: CrewCall)

Anfang 2020 steht der Großteil des Personals in der Veranstaltungswirtschaft nicht nur vor dem Problem des Verdienstausfalls – auch die gewohnte Kommunikation unter Kollegen bricht fast vollständig zusammen. Der Austausch über arbeitsrelevante Themen bis hin zum Smalltalk im Nightliner ist über Nacht nicht mehr möglich. Der überwiegende Teil der Branche ist auf unbestimmte Zeit zu Schweigen und Passivität verurteilt. Nicht nur, dass erfahrene Kolleginnen und Kollegen abwandern, Berufsanfänger können ihre Ausbildung zudem nicht vollumfänglich fortsetzen. In dieser Situation wird CrewCall im März 2021 von den Initiatoren Tex van Buren, Marvin Amstätter und Johannes Münsch ins Leben gerufen. Zunächst ist die Umsetzung noch etwas provisorisch auf Facebook und Instagram realisiert – einfach um den Kontakt zu den, aus den Augen verlorenen Kollegen nicht völlig abreißen zu lassen. Die Resonanz ist groß, und schon bald erfolgt der Umzug auf einen Discord-Server, und CrewCall erhält ein zunehmend leistungsfähigeres Gewand.

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Laut Moderator Carsten „Casi“ Will war die Initialzündung für CrewCall das dringende Bedürfnis, sich nach dem Befinden seiner Kollegen zu erkundigen, miteinander in Kontakt zu bleiben und sich weniger alleingelassen zu fühlen. Ebenso einfache wie essentielle und dringende Fragen standen im nun virtuellen Raum: „Was machst  du?“, „Wie geht es dir?“, „Wie kommst du zurecht?“, „Hast du schon einen Antrag auf Überbrückungshilfe gestellt?“, „Wie macht man das?“

Nachwuchsförderung

Zeitgleich entwickelt sich ein weiterer, bis heute durchtragender Aspekt von CrewCall: die Nachwuchsförderung. Casi Will erinnert sich, seinerzeit von einer Auszubildenden im dritten Lehrjahr – Katha Santa – gefragt worden zu sein, wie man ohne Präsenzunterricht und Veranstaltungen seine Abschlussprüfung bestehen solle. Aus dem anschließenden Vier-Stunden-Gespräch entstand schließlich die Prüfungsvorbereitung für Auszubildende, die heute einen der wesentlichen und wichtigsten CrewCall-Inhalte darstellt. Casi Will und Katha Santa betonen dabei mehrfach den hohen Stellenwert einer funktionierenden Nachwuchsförderung. Schon vor der Pandemie habe in der Veranstaltungsbranche Fachkräftemangel geherrscht. Während der vergangenen drei Jahre hätte sich die Situation bekanntlich geradezu dramatisch entwickelt. Einzig eine attraktive Ausbildung könne langfristig den Nachwuchs und damit das Bestehen der Branche sichern. Auch die Qualität der Ausbildung gelte es selbstverständlich sicherzustellen: „Will oder darf ich die Elektrik einer Großveranstaltung einer unzureichend ausgebildeten Person überlassen?“

(Bild: CrewCall)

Drei Jahre später hat sich die Situation glücklicherweise deutlich entschärft, wirklich entspannt ist sie dennoch nicht – zu viele hochqualifizierte Mitarbeitende haben die Branche gewechselt, und unsicher bleibt die Situation noch immer. Kann eine ähnliche Situation wieder eintreten? Wie lange halten die zahlreichen Veranstaltungsabsagen noch an? Dennoch ist CrewCall heute längst keine virtuelle Krisensitzung mehr – die anfängliche Dringlichkeit ist einem stetig wachsenden und professionellen Austausch gewichen.

Dazu bietet das CrewCall-Portal mehrere Räume, in die man sich als registrierter Besucher begeben und dort verbal und visuell kommunizieren kann. Aufgeteilt in derzeit zwölf Gewerke (etwa Ton, Licht, Video, Rigging oder Stagehand) lassen sich hier zielgenau fachliche Fragen platzieren. Casi Will erklärt, dass man auch zu komplexen Fragen üblicherweise innerhalb von circa 30 Minuten mit zumindest ein bis zwei kompetenten Antworten rechnen könne. So ließe sich CrewCall sogar ein stückweit wie ein Online-Support nutzen. Der mittlerweile über 1.400 Nutzer umfassende und stetig wachsende CrewCall-Kreis böte für nahezu jedes Thema das benötige Know-How. Casi Will betont, dass sich jedoch niemand davor scheuen sollte, auch vermeintlich „simple“ Fragen in den Raum zu stellen.

Weiterer Schwerpunkt des Portals ist der Bereich „Berufsschule“. Er dient ganz der schon angesprochenen Nachwuchsförderung. Hier kann CrewCall nicht nur kompetent mit prüfungsrelevantem Fachwissen aushelfen, es werden sogar regelmäßig Prüfer eingeladen, um gemeinsam mit den Auszubildenden und den unterstützenden „alten Hasen“ umfassend auf die jeweiligen Prüfungsinhalte hinzuarbeiten. Bei unserem Gespräch hatte man so bereits die fünfte Prüfungsrunde erfolgreich abgeschlossen.

Der Support für Berufseinsteiger soll jedoch nicht mit bestandener Abschlussprüfung enden. Um den Einstieg ins reguläre Berufsleben zu erleichtern, bietet CrewCall auch eine enge Vernetzung zwischen möglichen Arbeitgebern und Suchenden. Die im Portal eingerichtete Job-Börse ist gut frequentiert und schließt laut Casi Will z. B. wiederholte, unbezahlte Volunteer-Tätigkeiten prinzipiell aus.

Virtueller Tourbus

Der „Stammtisch“ dient bei CrewCall als Ort der Zusammenkunft und des akustischen und visuellen Austausches, ohne sich dazu auf bestimmte Themengebiete festlegen zu müssen – es kann also einfach mit den ebenfalls dort Anwesenden gechattet bzw. „geschnackt“ werden. So teilt sich der Stammtisch in mehrere Einzeltische sowie den „Tourbus“ auf. Nach Bedarf können die Tischbesucher beim Gespräch unter sich bleiben oder öffentlich kommunizieren – mit oder ohne Videobild. Auch eine englischsprachige Tischrunde gibt es. Nicht zuletzt dieser Teil des Netzwerkes, so Casi Will, schlägt Brücken, öffnet Türen, bringt die Branche spürbar näher zusammen und hat die eine oder andere Personalabwanderung in eine fremde Branche verhindern können.

Venue Talk

Für den Venue-Talk laden die CrewCall-Betreiber so regelmäßig wie möglich interessante Gäste ein, in der Regel Experten auf einem bestimmten Wissensgebiet. So kann man etwa einem kompetenten Vortrag zu so unterschiedlichen Themen wie etwa „Impulstreue und Timing bei Sub-Arrays“ oder „Depression in wilden Zeiten“ lauschen und dabei mit dem Vortragenden interaktiv kommunizieren. In der Vergangenheit konnte man hier Experten wie etwa Horst Hartmann (Monitor-Mann für u.a. Scorpions, Tote Hosen, Sade u.v.m.), Roland Greil (Lichtdesign für Rammstein) oder den ebenfalls bekannten Produktionsleiter Dany Rau treffen (dessen Soli-Aktion von CrewCall unterstützt wurde). Aber auch Technikexperten wie Matze Huber (Sound für u.a. My Chemical Romance) kamen und kommen zu Wort.

Vervollständigt wird das CrewCall-Portal mit einem Newsroom für Neuigkeiten aus und um die Branche und einem Welcome-Room für Neuankömmlinge.

Kooperationen

Als besonders wichtig für die Präsenz und damit auch die Existenz von CrewCall sehen Casi Will, Katha Santa und Alex Schmitt eine umtriebige Öffentlichkeitsarbeit. So sind die Betreiber von CrewCall zunehmend auf Fachmessen und Branchen-Veranstaltungen präsent, darunter etwa die LEaT con, Prolight + Sound oder auch Tonmeistertagung und das Berliner Event Future of Festivals. Enge Kontakte zu Medien und zur Industrie werden ebenfalls gepflegt und weiter ausgebaut. So kann Expertenwissen über bestimmte Produkte nutzbringend in das Informationsangebot eingestreut werden. Aber auch Institutionen wie die Berufsverbände ISDV e.V. und IGVW, das Hamburger Kreativ-Netzwerk WilhelmsRock oder das Merchandising-Unternehmen Tourhafen zählen zu CrewCalls Partnern. Zudem wird CrewCall seit Kurzem direkt in Berufsschulen vorstellig und arbeitet auch dort im Zusammenhang mit der Nachwuchsförderung an noch engeren Vernetzungen.

CrewCall-Förderverein

Als derzeit aktuellste und wichtigste Weiterentwicklung von CrewCall sieht Casi Will die im Sommer 2023 erfolgte Gründung des gemeinnützigen CrewCall-Fördervereins e.V. Er dient dazu, die Arbeit des Teams auf dem Server zu unterstützen sowie das Netzwerk und die künftige Öffentlichkeitsarbeit – wie etwa Messeauftritte – weiter auszubauen. Nach nur einer Woche verfügte der Förderverein bereits über 19 Mitglieder. Sowohl natürliche Personen als auch Körperschaften können dem Verein als Fördermitglieder beitreten und sind als Unterstützer in jeder Form höchst willkommen.

>> Hier geht es zu den Kanälen von CrewCall!

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