Lohnt Netzwerktechnik bei kleineren Veranstaltungen?

Dante-Audionetzwerk auf dem Appletree Garden Festival

Ralf Seidenschnur, selbst ständig als FOH-Mann am Pult, hatte auf dem Appletree Garden Festival immer ein wachsames Auge auf das Dante-Netz der Waldbühne. Im Interview erklärt er aus seiner Sicht, warum ein Audionetzwerk selbst bei kleineren Veranstaltungen vorteilhaft ist und was zu beachten ist.

Dante Monitoring
Monitoring der Netzwerkleitungen (Bild: Detlef Hoepfner)

 

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Ralf, welche Vorteile siehst du bei einer doch recht überschaubaren Bühnensituation wie auf der Waldbühne für eine digitale Dante-Lösung?

Ob man mit einem kleinen oder großen Setup arbeitet macht aus meiner Sicht keinen Unterschied. Ziel ist es, eine möglichst hohe Klangqualität an die Ohren des Publikums zu bekommen. Betrachten wir erst einmal das analoge Setup: Hier muss das Mikrofonsignal zunächst durch einen oft passiven Splitter, dann kommen noch 80–100 m Multicore, bevor es auf den Preamp im Pult trifft, was entsprechend verlustbehaftet ist. Gleiches gilt dann noch einmal für das Summensignal, was vor den Endstufen eventuell noch mehrfach aufgesplittet wird. Im digitalen System habe ich lediglich ein paar Meter Mikrofonkabel bis zum Preamp und keine längeren Analogleitungen, die durch externe Einflüsse in irgendeiner Weise gestört oder beeinträchtigt werden könnten. Das Summensignal gelangt digital und verlustfrei in Form von AES/EBU oder aber direkt als Dante-Signal in die Controller bzw. die jeweiligen Endstufen. Vergleicht man das, was man von einem CD-Signal von der Bühne kommend über die PA hört im analogen und digitalen Setup, so sind die Unterschiede leicht hörbar. Ich bekomme zudem höhere Kanalzahlen über ein – im redundanten System zwei – Netzwerkkabel, ohne schwere Multicore-Kabel verlegen zu müssen, was sowohl den benötigten Truckspace, wie auch Auf- und Abbauzeiten verringert. Der eigentliche Verkabelungsaufwand sinkt dabei ebenfalls deutlich, wenn man zudem noch einen separaten Monitorplatz hat oder aber zusätzlich noch einen oder mehrere Ü-Wagen versorgt.

Wie konsequent lässt sich heute eine reine Dante-Verbindung in einem kleinen Festival-Setup realisieren, wo gäbe es noch Verbesserungsbedarf von Seiten der Hersteller?

Eine konsequente Umsetzung ist meiner Meinung nach nicht sehr schwer und auch eine vielerorts bereits gelebte Praxis, selbst auf kleinen Stadtfestbühnen. Es gibt mittlerweile eine große Bandbreite an Geräten, die über eine Dante-Schnittstelle verfügen und die Zahl der Hersteller, die sich dazu entschließen, ihre Geräte um Dante-Module zu erweitern, steigt ständig (derzeit um die 122). Das Dante-Protokoll ist dabei eine leicht zu konfigurierende und stabil funktionierende Lösung. Verbesserungsbedarf gibt es aus meiner Sicht eher im Detail und in kleineren Lösungen. So findet man zum Beispiel im Bereich der Intercom-Systeme einige große und entsprechend hochpreisige Produkte, aber ein System, was wir aus Bühnenanwendungen kennen (Masterstation mit Beltpacks), habe ich bislang noch nicht als reine Dante-Lösung gefunden. Einzig Brückensysteme sind mittlerweile am Markt, die aber lediglich ein analoges Intercomsystem in die digitale Welt umsetzen.

An Stelle britzelnder oder brummender Analogverbindung drohen heute Netzwerk-Aussetzer. Wo liegen nach deiner Erfahrung die häufigsten Fehlerquellen beim Netzwerk-Aufbau?

Die häufigsten Fehler, die ich in der Anwendung digitaler Audionetzwerke sehe, liegen im Aufbau der Netzwerke selbst und deren Konfiguration. Hier wird leider mitunter ohne eine weitere Konfiguration alles zusammengesteckt, was einen Netzwerkanschluss hat. Grundsätzlich kann das erst einmal funktionieren, und das tut es oftmals auch. Je mehr Netzwerkkomponenten man jedoch in ein System integriert, desto anfälliger wird dieses für eventuelle Aussetzer, wenn man nicht gewisse Dinge in Konfiguration und Auswahl der Komponenten beachtet. Nehmen wir zum Beispiel die verwendeten Kabel. Professionelle Industrienetzwerkkabel mit EtherCon-Steckern sind nicht gerade günstig im Vergleich zu konventionellen Cat.5e-Verlegekabeln. Hier wird gern auf die günstige Variante als UTP-Kabel, dafür aber mit der maximalen Länge von 100 Metern zurückgegriffen. Probleme sind dann eigentlich schon vorprogrammiert, spätestens bei mehrmaliger Benutzung oder zu geringen Biegeradien. Betrachten wir nach den Kabeln die aktiven Komponenten, so finden wir meist mitten in unserem Netzwerk den Switch, an beziehungsweise über den in einer Sternverteilung alle Geräte angeschlossen sind. Auch hier gibt es durchaus einige Dinge in der Auswahl von geeigneten Geräten zu beachten. Es hilft zum Beispiel wenig, wenn man zwar einen Gigabit-Switch gekauft hat, der ausschließlich über entsprechende Ports verfügt, dessen Backplane-Bandbreite jedoch zu gering ist, um den einzelnen Ports auch entsprechende Datenmengen zuzuführen. Auch finde ich gerade in den günstigeren Preissegmenten immer wieder sogenannte Gigabit-Switches, die sich zwar so nennen, aber lediglich über ein oder zwei solcher Ports verfügen. Zusammenfassend bin ich der Meinung, dass oftmals noch das Gefühl dafür fehlt, dass wir es mit einer Echtzeit-Audioübertragung zu tun haben, die nur dann fehlerfrei funktionieren kann, wenn die einzelnen Netzwerkkomponenten in der Lage sind, die zu übertragenden Daten entsprechend schnell weiterzuleiten und zu erkennen, mit welcher Priorität diese zu behandeln sind. Einige Hersteller, wie z. B. Yamaha, bieten mittlerweile immer umfangreichere und kostenfreie Online-Schulungsunterlagen für das Selbststudium an, um das Wissen in Bezug auf AoE-Systeme und allgemein Netzwerktechnik erweitern zu können.

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