Mit dem SQQ10 – Sachkunde für Informations- und Kommunikationstechnik Level 1 liefert die IGVW eine Orientierung für Ausbildung und Auftraggeber bei der Entwicklung und Buchung von IT-Know-how.
(Bild: Herbert Bernstädt)
Die Ethernet-Vernetzung hat längst in der Veranstaltungstechnik Einzug gehalten. Die Anforderungen steigen stetig, wie auch die Aufgabenstellung an die Netzwerke. Geht es über Standardverbindungen hinaus, dann wird schnell der Ruf nach einer IT-Spezialistin oder einem „Systemer“ laut. Aber welche Fähigkeiten und Kenntnisstand bringen solche „Systemer“ mit? Hier begegnet man einer ganze Bandbreite: Von selbsternannten IT-lern, die einmal eine Fritzbox zu Hause eingerichtet haben bis hin zum studierten Fachinformatiker.
Die Notwendigkeit eines definierten Kenntnisstandes hat man in der Branche erkannt und über Berufsverbände bzw. den Spitzenverband IGVW (Interessengemeinschaft Veranstaltungswirtschaft) mit dem SQQ10 ein entsprechendes Standardwerk erstellen lassen. Dabei hat man sich nicht einfach hingesetzt und überlegt, welche Probleme man von einem „Systemer“ gelöst haben möchte: Das Werk reiht sich stattdessen systematisch mit weiteren Themen in einen Qualifikationsrahmen ein. Zum besseren Verständnis ein Blick auf diese Qualifikationsrahmen.
Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen
Die geburtenstarken Jahrgänge bewegen sich zusehens in den Ruhestand. Es entsteht ein Fachkräftemangel allen Ortes. Um dem gegenzuwirken, hat die EU-Kommission einen achtstufigen, europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) entwickelt, um die europaweite Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu fördern. Der „Deutsche Qualifikationsrahmen“ (DQR) überträgt das Modell des EQR auf das deutsche Bildungssystem und möchte somit auch Quereinsteigern bessere Einstiegsmöglichkeiten bieten.
Nachdem der Ausbildungsberuf Fachkraft für Veranstaltungstechnik bereits etabliert war und ohne weiteres in das DQR-Niveau 4 eingestuft werden konnte, hat man den Beleuchtungs- und Bühnen/Studiomeister umstrukturiert. Ab dem Jahr 2020 wurde der Meister der Veranstaltungstechnik aufgrund seiner Verantwortung als technischer Bühnenvorstand sowie seiner Personalverantwortung entsprechend in DQR Niveau 6 (Bachelor Professional) eingeordnet. (Der handwerkliche Meistertitel ist gemäß dem „Deutschen Qualifizierungsrahmen für lebenslanges Lernen“ (DQR) gleichzusetzen mit dem Bachelorabschluss einer Hochschule.)
Die Folge daraus: ein Vakuum im Niveau 5. Das technisch/künstlerische Know-how des „alten“ Meisters wird mit dem „neuen“ Meister heute nicht mehr vermittelt. Es ist auch von der Fachkraft zur Veranstaltungstechnik aus dem Niveau 4 nicht zu erwarten. Weiterhin verändert sich die Technik rasant weiter, sodass man davon ausgeht, dass eine staatliche Ausbildungsform nicht die Dynamik erbringen kann, wie es die freie Wirtschaft leistet. So entstehen zurzeit von freien Bildungsträgern diverse Weiterbildungsangebote, die diese Lücke schließen wollen. Damit dieses Angebote auch untereinander bzw. für den Beauftragenden vergleichbar wird, ist hier ein Rahmenlehrplan notwendig, aus dem die Lehrinhalte sowie die dafür vorgesehenen Unterrichtseinheiten hervorgehen. Hier spielt der Spitzenverband der Veranstaltungswirtschaft, die IGVW, eine Schlüsselrolle und erarbeitet mit den angeschlossenen Verbänden entsprechende Rahmenpläne, die Standards der Qualität / Qualifikation.
SQQ10
Die IGVW betitelt ihre Werke nach folgenden Schema: SQ steht für Standard der Qualität. Das zweite Q steht für Qualifikation. Ein SQP dagegen steht beispielsweise für Praxis/Arbeitsverfahren.
Nun beinhaltet der SQQ10 – Sachkunde für Informations- und Kommunikationstechnik Level 1 – als ersten Level nur 121 Lehrstunden. Er reicht damit noch nicht in den DQR Niveau 5 hinein. Er ergänzt die Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik (DQR-Niveau 4) und setzt die dort erworbenen Kompetenzen, insbesondere im Bereich Energieverteilung, voraus. Er steht aber auch Quereinsteiger mit Berufserfahrungen in der Veranstaltungstechnik offen. Nach Level 1 werden weitere Level folgen, damit die Voraussetzungen für den Spezialisten nach DQR Niveau 5 erfüllt werden. Mit dem Level 1 der SQQ10 werden alle Themenfelder wie Netzwerktechnologie, Übertragungsmedien, Netzwerksicherheit, Administration von Netzwerken und rechtliche Grundlagen erörtert, wobei die Lehrtiefe im Level 1 nicht so tief sein wird wie in den folgenden Level. So müssen im nächsten Level nicht völlig neue Themen behandelt werden, sondern vorhandene Themen werden vertieft. Dazu wird im Rahmenplan eine Taxonomie verwendet, also in bestimmt Klassen eingeordnet.
(Bild: Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) )
Hier erfolgt die Dreiteilung in Erinnern (Kennen) – also man hat davon gehört und kann bei Bedarf danach nachfragen. Verstehen – wäre die tägliche Praxis, mit der man seine Aufgabe abarbeitet oder in der höchsten Stufe, Anwenden – wobei man hier andere den Sachverhalt erklären, die Zusammenhänge herleiten und auf ähnliche Problemstellung übertragen kann. So muss man z. B. im Level 1 der SQQ10 das OSI-Layer-Modell nur kennen. Man versteht aber das IEEE 802.3-Kommunikationsprotokoll und muss die Kommunikationsprinzipien von Unicast, Multicast und Broadcast anwenden können.
Wichtig ist beim SQQ10 gegenüber reinen IT-Ausbildungsrahmen der besondere Augenmerk auf die Besonderheiten, die für die Datenübertragung der Audiotechnik, Videotechnik oder Beleuchtung gelten. Zuletzt werden auch ethische Grundlagen angerissen.
Da dies der erste Wurf ist und sich im Laufe der Zeit die eine oder andere Gewichtung verschiebt oder gar neue Themenfelder hinzukommen bzw. andere veraltet ausscheiden, ist dies ein lebender Prozess. Deshalb freuen sich die Ansprechpartner beim IGVW zur Fachgruppe SQQ10 (Florian Nürnberger, Neumann&Müller) sowie als Bildungsträger die Mitglieder der Fachgruppe SQQ10 – Sachkunde für Informations- und Kommunikationstechnik Level 1, kurz “ICT Level 1”, Martin Behns von der b-trend-academy sowie Adrian Walz von der EurAka Baden-Baden über euer Feedback.
Orientierungsfeld
Im Niveau 5 wurde die/der Tonspezialist:in nach IGVW SQQ7 veröffentlich (400 Lehrstunden – dies entspricht den Anforderungen an die/den geprüften Berufsspezialist:in gemäß §53b BBiG). Der Beleuchtungsspezialist, wobei hier der Arbeitstitel noch nicht definiert ist, befindet sich (Stand Jahreswechsel 2024/2025) in der Erstellung und zielt ebenso auf Niveau 5 ab. So wird das aktuelle Vakuum Stück für Stück mit Leben gefüllt. Der Vorteil hierbei ist, dass Aufstiegsmöglichkeiten von Anfang aufgezeigt werden und Quereinsteiger nicht die ganze Ausbildungsleiter von Beginn an durchlaufen müssen. Auch Autodidakten können sich in dem System wiederfinden und integrieren.
Letztendlich bleibt die Gewohnheit, dass diejenigen, die für einen ruhigen, reibungslosen Job sorgen, auch weiterhin gerne gebucht werden. Und diejenigen, die das Qualitätsniveau von Dienstleistungen nicht abschätzen können, erhalten mit dem SQQ10 einen Anhaltspunkt über die Qualifikation und brauchen so zumindest nicht mehr ins Blaue hinein auszuwählen.