Wie gut auch immer ein Mikrofon sein mag – unglücklich positioniert lässt sich sein Potential nicht ausschöpfen. In „Distanz-Zeiten“ wird diese Aufgabe nicht leichter – DPA liefert dafür hilfreiches Zubehör nach.
Distancing fällt uns nicht nur als Menschen schwer – auch der Mikrofontechnik: Stets ist sie bemüht, ein möglichst gutes Verhältnis von Direktschall und Umgebungs- oder Störgeräuschen zu erzielen. Das bedeutet in den meisten Fällen: dicht ran an die Quelle. In Pandemiezeiten ist das aber schwierig, will man sich nicht schon rein organisatorisch in einem Hygienekonzept verheddern, eine große Menge gereinigter Mikrofone verwalten oder sich statt mit der Aufnahme mit aufwändigen Desinfektionsarbeiten („Darf ich die Kapsel nun abspülen oder nicht?“) beschäftigen.
Eine Alternative ist, das Mikrofon doch weiter entfernt zu positionieren, sodass ein Musiker oder eine Sprecherin damit nicht in Berührung kommt. Das stellt aber große Herausforderungen sowohl an das Mikrofon selbst als auch an die Zubehörsituation. Sehr kurzentschlossen hat DPA daher das bereits erhältliche 4097 mit weiteren Features versehen, die wir über einen Wochenendeinsatz kurz live ausprobiert haben.
Das zierliche 4097 an einem kleinen Schwanenhals ist bereits an sich ziemlich pfiffig auf diverse Montagearten vorbereitet. Man spürt ihm ab, dass sich DPA bereits vor vielen Jahren an einer Kunststoff-/Kleinstteile-Fertigung beteiligt hatte, die eigentlich aus der Hörgeräte-Welt kam. Man wird also selten mit Gaffa und „irgendwas aus dem Tool Case“ improvisieren müssen, sondern kann für viele Einsätze auf dafür designte Klammern und Halterungen zurückgreifen. Positionierungen am Tischstativ, per Magnethalter oder aber auch am Blitz-Schuh einer DSLR-Kamera gelingen ohne Improvisation.
Neu hinzugekommen ist jetzt das Interview-Set mit einem Teleskop-Ausleger von Manfrotto, auch bekannt als Gopro-/Selfie-Stativ. Dieser ausziehbare Boom nimmt am Ende über ein kleines Schraubgewinde den zierlichen Schwanenhals samt Mikrofon auf. Die Mikrofonhalterung ist so gestaltet, dass das Mikrofon bereits einen Winkel einnimmt – je nach Montageart muss man die Aufnahmerichtung im Auge behalten, damit man das Mikro nicht „rückwärts“ montiert. Das 1,80 m lange Kabel kann zwar nicht im Ausleger verschwinden, es ist aber so dünn und leicht, dass man es sehr unauffällig mit ein paar Windungen um ihn herumgewickelt ist.
Vom Gewicht her sind Teleskoparm und Mikrofon wirklich federleicht. Hinzu kommt eine per Klett am Stativ befestigte Grundplatte, die wiederum einen Taschensender oder Recorder halten kann. Für die elektrische Verbindung zu Sender/Mischpult/Recorder gibt es verschiedene Anschlussvarianten. Wir haben ganz banal mit dem optional erhältlichen Modell DAD6001-BC von Microdot auf XLR mit Phantomspeisung 48 V gearbeitet, der mit rund 90 Euro zu Buche schlägt.
In der vorgesehenen Anwendung als Interview-Mikrofon ist die Kombination sehr gut vorstellbar. Man kann das Set vor den Gesprächspartner halten und von unten aufnehmen, oder von oben angeln. Das leichte Gewicht und die hervorragende Audioqualität helfen, bereits vor Ort gutes Audiomaterial einzufangen, statt sich in der Postpro endlos einen abzukämpfen, den Dialog brauchbar hinzubekommen.
(Bild: Detlef Hoepfner)
Apropos Dialog – eher Monolog: Etwas schwierig wird es, wenn man als Redaktions-Einzelkämpfer statt des Statements einer Persönlichkeit ein echtes Frage/Antwort-Interview führen will – wo hinein spreche ich dann als Redakteur? Ich kann ja schlecht dem Interviewpartner das Stativ rüberreichen. In dem Fall wäre also noch ein zweites Lavalier- oder typisches Reportage-Mikrofon für die Redaktion nötig.
Praktisch eingesetzt haben wir das Set dann zwar nicht für einen Interview-Videodreh. Aber dennoch in einem Außeneinsatz, bei dem sich auch die Frage stellte: Ein Sprecher-Mikrofon für mehrere Akteure (wie reinigt man dies dann mitten im Programm)? Oder die Aktionsfläche mit drei oder vier Mikrofonen zustellen, sodass jede Person ihr eigenes, sauberes Mic vorfindet? Die pragmatische Lösung war dann: das DPA 4097 an einer in der Deko montierten Halterung so tief quasi als Ambience-Mikrofon positionieren, dass definitiv kein Mundkontakt stattfand.
Als zusätzlicher Windschutz wurde der kleine Windjammer von Rycote drübergeknöpft. Von hier ging der Ton parallel auf eine kleine Beschallungsanlage plus einen Zoom-Videofeed. Als wenn das nicht schon schwierig genug wäre, pfiff dann noch, verbunden mit ein paar letzten Regentropfen, eine kräftige norddeutsche Brise mit sicher vier Windstärken über die (Pandemie-bedingt eh kleine) Aktionsfläche. Die Frage „ob das wohl überhaupt klappt“ stellte sich mangels besserer Alternative aber überhaupt nicht mehr. Auch eine Verlegung in einen Innenraum war nicht nur wegen der tollen Aussicht, sondern der so einfach hygienisch besten Wahl keine Option – dann doch lieber ein paar Tropfen Wasser abbekommen.#
Mit einer Hand am vom Wind herumrutschenden Laptop und der anderen Hand am Fader dann die Überraschung: Ja, man hörte ein deutliches Grundrauschen vom Wind, den Böen und dem zerzausten Laub. Aber das Mikrofon fing tatsächlich auch gut die Dialoge auf, transportierte sie in dezentem Pegel über die Terrasse der Location und in den Video-Feed. Und ja, für einen Blockbuster würde man nachsynchronisieren, aber hey: Wir haben ein Signal!
Und wenn man nicht gerade nur Deichgrafen bei Sturm interviewt (dann aber ja mit dem Boom viel, viel näher mikrofonieren würde als in unserer Szene), sollte einer hervorragenden Audioaufnahme nichts im Wege stehen. Besser geht es dann nur noch mit einem Lavalier- oder eben Handmikrofon – beides aber ist ja in 2020 gerade oft nicht gut machbar.
Also ein tolles Mikrofon mit praktischem Zubehör – das Set macht Spaß und passt gut in die aktuelle Situation. Gelöst werden muss je nach Situation die Frage, wie man sich als Redakteur selbst mikrofoniert, DPA verkauft einem aber sicher gerne auch zwei Sets. Aufpassen muss man bei der Halterung zudem (insbesondere bei aufgesetztem Windschutz), dass man dem Team die Aufnahmerichtung des Mikrofons verdeutlicht.