Digital Wireless

Wireless Digital: (Wie) funktioniert 2,4 GHz?

Zu den analogen oder digitalen Drahtlossystemen auf UHF-Frequenzen werden immer mehr Alternativen angeboten. Aber welche Anwendungsbereiche decken diese Wireless Systeme ab und wie sicher sind diese in der Übertragung – insbesondere auf 2,4 GHz?


Übersicht:

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2,4 GHz = WLAN?
Modulationsverfahren und Sicherheitsmechanismen
Viel mehr als “short” wird manchmal nicht benötigt
Weltfunkkonferenz WRC 2019 organisiert Frequenzen


Alternative Wireless-Lösungen gibt es beispielsweise als DECT-Systeme und in letzter Zeit immer öfter auch auf 2,4 GHz, wo sich ja sonst die WLANs tummeln. Aber wie erfolgversprechend ist hier eine professioneller Einsatz auf der Bühne? Um hier Entscheidungen treffen zu können, ist es hilfreich, sich einmal die Grundlagen dieser Technik vor Augen zu führen.

Wir können uns noch gut erinnern, als wir vor vielen Jahren die ersten Experimente auf 2,4 GHz mit diversen Übertragungen unternahmen und einen Entwickler von Drahtlosmikrofonen ansprachen, ob das nicht auch eine Alternative zu bestehenden analogen oder auch digitalen Drahtlosmikrofonkonzepten sein könnte. Man entgegnete, dass das auf keinen Fall zuverlässig machbar sei. Diese Diskussion gab es so mit vielen Herstellern, das war also damals Stand der Technik. Aber wie heißt es doch so schön: sag niemals nie. Nun im Jahr 2019, über zehn Jahre später, bieten diese Hersteller plötzlich 2,4-GHz-Drahtlossysteme an. Geht also doch …?

2-GHz-Drahtlossystem "System 10" von Audio Technica
Audio-Technica ist schon seit längerem mit seinem 2-GHz-Drahtlossystem „System 10“ am Markt – hier ein Tischempfänger des System 10 (Bild: Peter Kaminski)

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2,4 GHz = WLAN?

Mit 2,4 GHz verbindet man als erstes das bekannte WLAN. Dort tummeln sich aber auch noch diverse andere Drahtlossysteme wie Bluetooth oder ZigBee. Die Audioübertragungssysteme im 2,4-GHz-Bereich arbeiten aber nicht nach dem WLAN- oder zuvor erwähnten Standards: Im Bereich ab 2,4 GHz bis ca. 2,5 GHz ist auch die Nutzung anderer Standards möglich. Der Betrieb kann unter verschiedenen Rahmenbedingungen erfolgt, wie als sogenannte Short Range Devices (SRD) im 2,4-GHz-ISM-Band (ISM: Industrial/Scientific/Medical). In Deutschland regelt die Vfg 5/2018 der Bundesnetzagentur diese Anwendungen, die als Non-specific Short Range Devices definiert werden – also nicht näher spezifizierte Systeme mit geringer Reichweite. Für den Frequenzbereich 2.400 bis 2.483,5 MHz ist eine Leistungsbeschränkung auf 10 mW EIRP (Strahlungsleistung bezogen auf Isotropstrahler) vorgegeben. Für Deutschland ist eine Frequenzzuweisung mindestens bis 2028 garantiert – höchstwahrscheinlich aber auch weit darüber hinaus – und sie sind lizenzfrei nutzbar. Genau dies macht solche Systeme ja so interessant. Weitere Definitionen und technische Spezifikationen werden zum Beispiel über ETSI-Normen vorgegeben wie die EN 300 422 „Audio PMSE up to 3 GHz“.

Jeder, der mal die Belegung von WLAN-Funknetzen in seinem Stadtteil im Router überprüft hat, wird sicherlich bei dem Gedanken, in diesem Bereich eine zuverlässige Audioübertragung zu betreiben, Bedenken haben. Zudem da ja noch viel mehr Funkdienste präsent sind als einem die WLAN-Router anzeigen. Wie soll da also eine ungestörte Übertragung funktionieren? Um diese Frage zu beantworten, muss man einmal prinzipiell auf die Modulationsverfahren und die Sicherheitsmechanismen der SRDs / Short Range Devices eingehen.

Aktiver WLAN-Kanal im 2,4-GHz-Band
Aktiver WLAN-Kanal es ist viel los im 2,4-GHz-Band (Bild: Peter Kaminski)

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Wireless: Modulationsverfahren und Sicherheitsmechanismen

Im Gegensatz zu tieferen Frequenzen kann man im 2,4-GHz-Band mit relativ großen Bandbreiten arbeiten. Ein bis zwei MHz breite Kanäle sind hier üblich. Als Modulationsverfahren kommen häufig mehrstufige Quadratur-Amplitudenmodulationen (QAM) zum Einsatz, bei der es vier Phasenzustände mit mehreren definierten Amplitudenzuständen gibt. So kann man mit einem Symbol zum Beispiel gleich einen Wert mit 16 Zuständen abbilden. Im 2,4-GHz-Band ist seit einiger Zeit auch das Mehrfachträger-Modulationsverfahren OFDM (Orthogonal Frequency Division Multiplexing) möglich, das bandbreiteneffiziente und leistungseffiziente Merkmale vereint. Mit Hilfe eines entsprechen Audiocodecs und auch noch der hohen HF-Bandbreite sind also erstmal bei optimaler Übertragung sehr gute Bitraten zu erzielen, die deutlich über denen der digitalen Systeme im UHF-Bereich liegen. Jedoch muss man auch der vielen sehr verschiedenartigen Interferenzen, die man im ISM/WLAN-Band vorfindet, mit verschiedenen Mechanismen Herr werden – sonst nutzt einem die theoretische Bandbreite wenig.

Zunächst einmal nutzen die meisten Systeme die gute alte FEC – also die Forward Error Correction. Das Prinzip ist einfach: die zu übertragenden Daten werden zeitversetzt zweifach gesendet. Manchmal spricht man in diesem Zusammenhang auch von Time-Diversity. Bei zeitlich begrenzten Störungen lassen sich also die alternativ gesendeten, redundanten Daten nutzen und die Störung kann so kompensiert werden. Dieses Prinzip hat aber so seine Grenzen, denn durch den Versatz bei der Aussendung wird natürlich auch die Systemlatenz beeinflusst. Der Zeitversatz ist daher relativ klein und bei längeren Störungen ist dieser Mechanismus dadurch wirkungslos.

Ein zweites Prinzip ist die Frequenz-Diversity: Man sendet dabei auf zwei unterschiedlichen Frequenzen. Ist eine gestört, werden einfach die Informationen bzw. die Daten der anderen Frequenz genutzt. Viele Systeme sind auch adaptiv und nehmen bei Störungen in einem der beiden Übertragungskanäle einen automatischen Frequenzwechsel vor, der zum Beispiel über einen Rückkanal zum Empfänger koordiniert wird.

Frequenz-Diversity Wireless Systeme
Audio-Technica System 10 Viele 2,4-GHz-Drahtlossysteme nutzen Frequenz-Diversity, also zwei gleichzeitige Sendefrequenzen (Bild: Peter Kaminski)

Wie sicher letztendlich die Übertragung im 2,4-GHz-Band ist, wird bei der Fernsteuerung von Drohnen und Flugmodellen bewiesen, denn der 2,4-GHz-Bereich ist auch hierfür zugelassen. Man kann sich vorstellen, dass hier besondere Ansprüche an die Sicherheit der Übertragungssysteme gegeben sein müssen. Dazu wird häufig das sogenannte Frequenzsprungverfahren FHSS (Frequency Hopping Spread Spectrum) genutzt. Dabei wird die Frequenz über eine vorher vereinbarte Frequenztabelle bzw. Sequenz kontinuierlich verändert – und zwar meistens im Millisekunden-Takt. Im Audiobereich gibt es auch Systeme, die FHSS statt Dual-Frequency-Diversity mit zwei festen Frequenzen nutzen. Übrigens: auch Bluetooth arbeitet mit FHSS.

Natürlich kommt auch bei 2,4 GHz in der Regel standardmäßig Antennen-Diversity zum Einsatz, was manchmal auch als Space-Diversity bezeichnet wird. Durch unterschiedliche Antennenpositionen und -Polarisationen hat man die Möglichkeit, immer das bessere Signal zu nutzen. Das muss bei digitalen Systemen nicht zwangsläufig das mit der höheren Feldstärke sein, sondern das mit der besseren Fehlerrate. Daher erfolgt die Diversity-Selektion auf der digitalen Ebene. Ob die Übertragung über einen Übertragungskanal fehlerfrei ist, wird mit einer Prüfsumme ermittelt.

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Viel mehr als „short“ wird manchmal nicht benötigt


»Man muss sich im Klaren darüber sein, dass die Reichweite gegenüber den UHF-Systemen in der Regel eingeschränkt ist. Die Systeme werden nicht umsonst als Short Range Devices bezeichnet.«

Peter Kaminski | über Vor- und Nachteile von 2,4 GHz


Wenn man sich die Fehlerschutzmechanismen einmal genauer anschaut, dann sind diese – bis auf das FHSS –denen der digitalen Drahtlosfunksysteme im klassischen UHF-Bereich sehr ähnlich. Natürlich sind sie aber auf die speziellen Anforderungen optimiert, was Interferenztypen und Bandbreite angeht. Gerade die höhere Bandbreite von in der Regel 2 MHz im 2,4-GHz-Band gegenüber 250 kHz bei den digitalen UHF-Systemen bietet schon viel Potential, den Störungen mit redundanten Daten entgegenzuarbeiten. Man muss sich aber im Klaren sein, dass die Reichweite in der Regel gegenüber den UHF-Systemen natürlich eingeschränkt ist: Die Systeme werden nicht umsonst als Short Range Devices bezeichnet.

In der Praxis sind die 2,4-GHz-Systeme sehr robust, aber auch hier gibt es natürlich Unterschiede. Schwierig ist es, diese Unterschiede aufzuspüren oder an den angegebenen technischen Daten der Systeme festzumachen. Wer aber zum Beispiel auf einer kleinen Bühne mit wenig HF-Abschattung tätig ist, für den kann ein 2,4- GHz-System auf jeden Fall eine ernstzunehmende Alternative darstellen – auch qualitativ. Der Preis ist hier natürlich kein absolutes Kriterium für Übertragungsqualität, aber erfahrungsgemäß durchaus auch ein Anhaltspunkt für die Systemgüte.

Sennheiser XSW-D
Sennheiser Neben dem ew D1 mit aptX-Live Codec, welches seit 2015 angeboten wird, bietet Sennheiser mit dem XSW-D ein weiteres, preiswertes 2,4-GHz-Drahtlossystem an (Bild: Peter Kaminski)

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Weltfunkkonferenz 2019 organisiert Frequenzen

Es gibt eine Konferenz, die einen extrem großen Einfluss auf den Betrieb der Drahtlos-Audiosysteme hat – und zwar die alle vier Jahre stattfindende World Radio Conference (WRC). Auf dieser werden langfristige Entscheidungen zur weltweiten Nutzung von Frequenzen getroffen. So hat uns die WRC in der Vergangenheit zum Beispiel die digitale Dividende eingebrockt und vielen Staaten eine zusätzliche finanzielle Einnahmequelle in Form von Frequenzversteigerungen beschert.

Der Weg einer Änderung bei den Frequenzzuteilungen verläuft in der Regel so, dass auf einer WRC Vorschläge erarbeitet werden, die dann bis zur nächsten WRC in vier Jahren von Arbeitsgruppen begleitet werden. In dieser Spanne ergeben sich unter Umständen dann auch schon Tendenzen oder es werden schon Vorentscheidungen getroffen. Bei der folgenden WRC werden diese besprochen und im Anschluss entweder angenommen, verworfen oder zurück in Ausschüsse delegiert.

WRC Logo(Bild: WRC)

Die nächste WRC findet vom 28. Oktober bis zum 22. November 2019 in Sharm el-Sheikh (Ägypten) statt. Wenn man sich das aktuelle Tagungsprogramm anschaut, dann sind augenscheinlich nur wenige Themen dabei, die uns betreffen könnten. Aber bereits in den letzten Jahren hat die Dynamik auf der WRC zugenommen und der eine oder andere überraschende Antrag wurde ohne vorherige Ankündigung gestellt. Da Entscheidungen dort aber nicht sofort getroffen und somit zum Tragen kommen, werden wir wahrscheinlich ein paar Jahre Ruhe vor neuen Veränderungen haben. Da der Frequenzbedarf der Mobilfunkbetreiber mit dem zukünftigen Mobilfunknetz 5G aber deutlich steigen wird, darf man gespannt sein, was alles für die Tagesordnung im Jahr 2023 in Sharm el-Sheikh vorbereitet wird.

Bereits auf der WRC 2015 ist angekündigt worden, dass man die Vergabe der terrestrischen TV-Sendefrequenzen bis 2023 zur Diskussion stellen möchte. Unglücklicherweise nutzen wir eben diese Frequenzen ja aber auch für unsere professionellen Audiodrahtlos-Übertragungssysteme – mehr dazu im 5G-Artikel in dieser Ausgabe. Ob die Mobilfunkvertreter auch an dem untersten TV-Bereich interessiert sind, wagt man zurzeit zumindest zu bezweifeln. Trotzdem werden wir uns langfristig wohl auf Veränderungen einstellen müssen. Wie diese genau aussehen werden, lässt sich noch nicht genau absehen. Ebenso wenig, ob diese oder erst die folgende WRC eine Diskussionsgrundlage bieten wird.

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