Digitales UHF-Wireless

Test: Shure Axient Digital

Shure erweiterte seine Wireless-Serie Axient Digital 2019 um die fernsteuerbaren ADX-Sender. Ein passender Anlass, sich das digitale UHF-Drahtlosfunksystem, besonders unter dem Aspekt der Betriebssicherheit, näher anzuschauen: Es verspricht eine ganze Reihe von für den Anwender interessanten Funktionen.

Shure Axient Digital Rack(Bild: Peter Kaminski)

Übersicht:
Frequenzen, Modulation und Kodierung
Kompatible Empfänger mit 2/4 Kanälen
Fernsteuerung per ShowLink
AD- und ADX-Sender
Betriebssicherheit
Mischpultintegration

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Shures Wireless-Angebot unter dem Namen „Axient Digital“ wurde im Spätsommer 2018 zuerst mit den AD-Sendern vorgestellt. Mit den seit 2019 verfügbaren ADX-Sendern wurde das Flaggschiffprodukt Axient Digital funktionell noch einmal erweitert.

Frequenzen, Modulation und Kodierung

Shures Axient Digital arbeitet im klassischen UHF-Bereich. Sicherlich bietet dieser Frequenzbereich aus Sicht der Performance noch die besten Eigenschaften bei der Übertragungssicherheit. Bis 2030 ist dieser Frequenzbereich für die Anwender von Drahtlosmikrofonen gesichert. Was danach passiert, wird sich auf den nächsten World Radiocommunication Conference zeigen. Die nächste findet Ende 2023 statt. Mit UHF-Systemen ist man also nach aktuellem Stand mindestens die nächsten zehn Jahre sicher on-air.

Die Übertragung erfolgt bei Axient Digital mit QAM16-Modulation, das heißt: vier Phasenzustände mit je vier Amplitudenzuständen. So lassen sich mit einem übertragenen Symbol 16 Werte abbilden. Die Audioabtastrate beträgt 48 kHz bei 24 Bit Wortbreite, der Übertragungsbereich 20 Hz bis 20 kHz.

Screenshot aus Wireless Workbench 6
Wireless Workbench 6 Software bietet eine ganze Reihe von weiteren Möglichkeiten des Trackings und der Fehlersuche, die weit
über die Möglichkeiten der Empfänger hinausgehen. Über eine Show Event List werden Ausfälle und Störungen dokumentiert
(Bild: Peter Kaminski)

Die Sender arbeiten mit einem automatischen Gain-Ranging, bei dem zwei A/D-Wandler mit um 30 dB versetzten Pegelfenstern arbeiten, die dann mittels DSP verrechnet werden. Dadurch ergibt sich auch ein großer Dynamikbereich und ein sehr hoher System-Gain von −12 bis +48 dB. Daher ist es möglich, dass ein Gain nur am Empfänger einzustellen ist. Die HF-Übertragung kann verschlüsselt werden (AES 256 Bit), was sich aber nicht auf die Systemlatenz auswirkt.

Axient Digital bietet zwei Betriebsarten an: Die Standard-Betriebsart bietet eine Latenz von lediglich zwei Millisekunden. Die Ausgangsleistung der Sender lässt sich in Stufen von zwei bis zu 40. bzw. 50 Milliwatt (nur ADX2FD) einstellen. In einem klassischen analogen UHF-TV-Kanal mit 8 MHz Breite lassen sich 22 Kanäle simultan betreiben. Der Kanalabstand beträgt also 350 kHz.

Für Anwendungen, bei denen mehr Kanäle gefragt sind, ist dagegen der „High Density Mode“ gedacht, bei dem der Kanalabstand bis auf 125 kHz reduziert wird. Bei dieser Betriebsart ist die Ausgangsleistung auf zwei Milliwatt beschränkt, aber es lassen sich bis zu 63 Kanäle in einem 8 MHz breiten TV-Kanal unterbringen. Dies erreicht man durch weniger Hub, eine geringere Bitrate und durch die geringere Ausgangsleistung der Sender.

Wegen der zusätzlichen DSP-Verarbeitung steigt die Systemlatenz hier moderat auf 2,9 Millisekunden, wobei die Audioqualität aber gleich gut ist wie im Standardmodus. Auch beim Shure ULX-D gibt es einen High Density Mode, aber die Ausgangsleistung beträgt dort nur ein Milliwatt.

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Kompatible Empfänger mit 2/4 Kanälen

Es gibt zwei Empfängermodelle: den Zweikanalempfänger AD4D und den Vierkanalempfänger AD4Q. Die Empfänger können sowohl mit den AD- als auch mit den neuen ADX-Sendern zusammenarbeiten. Es handelt sich um Empfänger mit True Digital Diversity. Die Empfänger lassen sich an das LAN anschließen und mittels Wireless Workbench oder der iOS-App „ShurePlus Channels“ kontrollieren.

Es gibt aufgrund der hohen Schaltbandbreite der Empfänger lediglich drei unterschiedliche Modelle mit unterschiedlichen Frequenzbereichen. Für Deutschland ist das Modell A mit einem Frequenzbereich von 470 – 636 MHz, also 166 MHz Schaltbandbreite, sicherlich am interessantesten. Das Modell B deckt den Bereich 606 −810 MHz ab, aber auf Grund der Bestimmungen der Bundesnetzagentur lässt sich ja nur die Hälfte dieses Bereichs auch nutzen.

Vierkanal-Empfänger AD4Q
Vierkanal-Empfänger AD4Q im praktischen Einsatz (Bild: Peter Kaminski)

Die Empfänger verfügen neben den üblichen Anschlüssen wie Übertrager-symmetrierten XLR-Ausgängen mit Line- und Mikropegel auch über einen digitalen AES3-Audioausgang inklusive Wordclock-Ein-/Ausgang. Besonders zu erwähnen sind vier LAN-Ports, wobei standardmäßig je einer als Dante-Primary- und Dante-Secondary-Netzwerkaudioschnittstelle und die beiden anderen LAN-Ports für Steuerzwecke als Switch geschaltet sind. Dies lässt sich auch umkonfigurieren.

Die Empfänger verfügen über vier Antennen-BNC-Anschlüsse – zwei für Diversity-Empfang und zwei zum Kaskadieren. Der AD4Q bietet zudem auch noch die Möglichkeit des Quad-Diversity-Empfangs, wobei wir schon bei einer der ersten betriebssicherheitsrelevanten Funktionen wären: Es lassen sich also vier Antennen anschließen und vier Empfänger arbeiten gleichzeitig im Verbund. Das ist interessant bei einer Abdeckung von mehreren Räumen oder bei großen Flächen mit HF-abgeschatteten Bereichen.

Eine weitere Funktion, die die Betriebssicherheit angeht, ist „RF Power Overload“, die bei sehr hohen Feldstärken am Empfängereingang die Eingangsempfindlichkeit reduziert, um Übersteuerungen zu vermeiden – zum Beispiel wenn ein leistungsstarkes Handfunkgerät im UHFBereich in der Nähe des Empfängers eingesetzt wird.

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Fernsteuerung per ShowLink

Die Sender der ADX-Serie unterscheiden sich von der AD-Serie dadurch, dass sie fernsteuerbar sind. Die Kommunikation erfolgt mit dem ZigBee-Protokoll, welches im 2,4-GHz-Bereich arbeitet. Basis der Kommunikationsinfrastruktur ist der Access Point ShowLink AD610, der auch mit Diversity arbeitet. Auch die ADX-Sender verfügen über zwei ShowLink Antennen. Die Anbindung erfolgt über das LAN-Netzwerk.

Shure Access Point
Access Point ShowLink-Funktionalität mit Rückkanal wertet das System deutlich auf und mach die Handhabung in der Praxis deutlich einfacher (Bild: Peter Kaminski)

Der Access Point lässt sich über Power-over-Ethernet mit Betriebsspannung versorgen. Bis zu 24 Sender werden dann über einen ShowLink Access Point gesteuert. Diese Steuerungsmöglichkeit ist schon vom analogen Shure Axient her bekannt und es lässt sich auch der ShowLink AXT610 für das Axient Digital einsetzen – dann aber beschränkt auf eine Anbindung von maximal 16 Sendern. Mit einer ShowLink-Vernetzung lassen sich diverse Parameter steuern wie Arbeitsfrequenz, Gain, Mute usw.

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Wie die Empfänger so bieten auch die AD- und ADX-Sender eine große Schaltbandbreite. Es werden eine ganze Reihe von verschiedenen Modellen angeboten, die sich in der Frequenz unterscheiden, um den jeweiligen Anforderungen der Telekommunikationsbehörden nachzukommen. Das von Shure als „G56“ bezeichnete Band deckt dabei den Frequenzbereich von 470 – 636 MHz ab, genau wie die Empfänger mit der Kennzeichnung „A“ und bietet also ebenfalls eine Schaltbandbreite von 166 MHz. Diese Variante ist für den Einsatz in Deutschland sicherlich das interessanteste Modell. Darüber hinaus gibt es noch über ein Dutzend weitere Varianten.

Die AD-Serie ist vom Gehäuseformat an die Serie ULX-D angelehnt. Es gibt zwei Sendertypen innerhalb der AD-Serie, und zwar den Taschensender AD1 mit Lemo- oder TA4-Mikrofonanschluss sowie den Handsender AD2, der in Nickel oder Schwarz verfügbar ist. Es lassen sich eine ganze Reihe der üblichen Shure-Kapseln aufschrauben.

ADX2FD und AD2
ADX2FD und AD2 (links/rechts) im Vergleich (Bild: Peter Kaminski)

Am unteren Ende des Handsenders befindet sich ein vertiefter und verriegelbarer Ein/Ausschalter. Auch die AD-Sender lassen sich im Standard- oder High Density-Modus betreiben. Die Sender der AD-Serie lassen sich sowohl mit AA-Batterien als auch mit dem Lithium-Ionen-Akku Shure SB900A betreiben.

Die ADX-Serie verwendet etwas anders geformte Gehäuse als die AD-Serie. Auch bei der ADX-Serie gibt es mit dem ADX1 einen klassischen Taschensender mit herausstehender Lambda-Viertel-Antenne sowie mit dem ADX2 einen Handsender mit 40 mW Ausgangsleistung, der etwas kleiner ist als der AD2. Mit dem ADX2FD gibt es auch noch einen weiteren Handsender, der eine HF-Ausgangsleistung von bis zu 50 mW bietet.

Shure Taschensender
Wiegt nur 85 Gramm – der ADX1M Micro-Taschensender ist für den Betrieb am Körper optimiert (Bild: Peter Kaminski)

Besonders für den Theaterbereich dürfte der Micro-Taschensender ADX1M interessant sein. Er ist mit ca. 60 × 68 × 18 mm besonders kompakt, wiegt inkl. Akku lediglich 85 Gramm, verfügt über eine interne Antenne und bietet eine besonders hohe Resistenz gegenüber Schweiß und Spritzwasser. Er bietet maximal 20 Milliwatt HF-Ausgangsleistung und ist für den Betrieb am Körper optimiert. Dafür ist er mit einem speziellen Sensor ausgestattet. Der ADX1M wird ausschließlich mit Lemo-Mikrofonanschlussbuchse geliefert.

ADX1M Micro-Taschensender (rechts) im Vergleich zum AD1 (links) und AD1X (mittig) (Bild: Peter Kaminski)

Alle ADX-Sender lassen sich wegen des höheren Strombedarfs (ShowLink) und der Gehäuseform beim ADX1M ausschließlich mit den Systemakkus betreiben. Alle Sender (ausgenommen dem ADX1M) sind mit Ladekontakten ausgestattet und es stehen diverse Zweifach sowie Achtfach-Ladegeräte zur Verfügung. Die Ladezeit beträgt um die drei Stunden, aber bereits nach einer Stunde Ladezeit ist die Hälfte der Akkukapazität bei einem leeren Akku geladen. Die Systemakkus von Shure bieten noch den Vorteil, dass die Restlaufzeit an den Empfängern in Minuten angezeigt wird, und das mit einer Genauigkeit von einer Viertelstunde.

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Betriebssicherheit

Einige Funktionen, die die Betriebssicherheit erhöhen, wurden jetzt schon genannt. Hinzu kommen noch weitere Punkte: Beispielsweise bieten die Empfänger des Shure Axient Digital neben der Feldstärkeanzeige ein Quality Metering an. Über diesen Parameter wird die Güte der Übertragungsqualität vermittelt. Wenn man einen Sender auf der gleichen oder Nachbarfrequenz betreibt und mit dem Sender dem Empfänger näherkommt, sieht man deutlich wie die angezeigte Übertragungsqualität zurückgeht. Und das auch schon, bevor die digitale Übertragung des Audiosignals gestört wird oder gar abbricht.

Was passiert aber, wenn es zu einer Interferenz kommt? Zuerst wird eine Warnung im Display eingeblendet. Diese bleibt auch so lange bestehen, bis man die Kenntnis darüber mit einem Tastendruck quittiert. Bei einer Verschlechterung der Empfangsqualität wechselt auch die Farbe der Empfangs-LED von blau auf rot – also eine weitere Indikation im Qualitätsmanagement. Mit Hilfe der ShowLink-Funktionalität ließe sich dann am Sender oder am Empfänger ein Frequenzwechsel der Strecke vornehmen.

Anzeige des Akkustands
Mit einem Chip ausgestattete Shure-Systemakkus erlauben eine umfangreiche Analyse des Akkuzustands am Empfänger und in der Software (Bild: Peter Kaminski)

Das System bietet aber auch mehrere verschiedene Möglichkeiten, mit so einem Problem aktiv und automatisiert umzugehen. Eine dieser Möglichkeiten ist der automatische Frequenzwechsel, der von der ADX-Serie unterstützt wird. Diese Funktion muss man am Empfänger per Menüeinstellung aktivieren. Hierbei kommt eine weitere Komponente des Axient Digital Systems zum Tragen – nämlich der Spektrum Manager AXT600, der über das Ethernet in das Netzwerk eingebunden wird.

Dieser überwacht ständig den Frequenzbereich und bietet den Empfängern freie Arbeits- und auch sogenannte Backup-Frequenzen an. Diese werden ständig aktualisiert. Dabei erfolgt auch ein Ranking unter Berücksichtigung des Störpegels auf den einzelnen Frequenzen. Wenn eine Interferenz bei einer Strecke auftritt, so ändert der Empfänger die Sendefrequenz auf Basis der Backup-Frequenzliste. Dieser Frequenzwechsel erfolgt innerhalb von ca. 50 Millisekunden – es erfolgt also eine sehr kurze Signalunterbrechung.

Aber es geht noch mehr, das Zauberwort heißt hier „Frequenz-Diversity“. Auch diese Funktion muss man am Empfänger aktivieren. Es werden dann pro Strecke zwei Funkfrequenzen genutzt – also auch zwei Sender und zwei Empfangskanäle am Empfänger.

Zeichnet sich eine Störung, bzw. Minderung der Übertragungsqualität ab, so wird auf die Ersatzstrecke umgeschaltet – und das ohne negativ hörbaren Effekt. In der Praxis wird man zwei Bodypack-Sender einsetzen, die über ein extra erhältliches Y-Kabel an das Mikrofon angeschlossen werden. Über eine Menüeinstellung lässt sich der Pegel der beiden Taschensender so einstellen, dass die Pegel bei einer Umschaltung gleichbleiben.

Bei aktiviertem Frequenz-Diversity kann auch eine Audiosignalerkennung erfolgen. Das heißt, dass bei einem defekten Audiokabel oder defektem Mikrofon – bei Verwendung von zwei Mikrofonen – auf das zweite Bodpack umgeschaltet wird. Dies bietet nochmals eine zusätzliche Sicherheit.

Da zwei Handsender für einen Sänger eine eher suboptimale Lösung darstellen würden, gibt es in der ADX-Senderserie den schon zuvor erwähnten Handsender ADX2FD, der intern bereits über zwei Sender verfügt und so den Frequenz-Diversity-Einsatz auch mit Handsendern ermöglicht.

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Mischpult-Integration

Interessant für die praktische Handhabung ist die Integration der Axient-Digital-Steuerung in die Mischpulte. Shure hat das Steuerungsprotokoll öffentlich gemacht, sodass es für die Pulthersteller möglich ist, eine Steuerfunktionalität in ihre Mischsysteme zu implementieren. Die Steuerfunktionalität ist zurzeit in den Yamaha-Mischpultserien CL und QL, in der Soundcraft Vi-Serie, bei Allen&Heath’s dLive und auch bei AMX Creston und in QSCs QSYS implementiert. Weitere Pulte sollen folgen.

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