Standardisierung von Lichttechnik-Gerätdaten

GDTF – Universelle Fixture Library

Wieder ein neues Protokoll, aber wozu ist es heute schon gut und welche Chancen bietet es perspektivisch bei der Planung und Steuerung von Lichttechnik?


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Bibliothek(Bild: Tithi Luadthong/Shutterstock)

Die Abkürzung GDTF steht für „General Device Type Format“, übersetzt: „Allgemeines Geräte-Typformat“. Damit ist man eigentlich auch so schlau wie vorher.

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Übersicht:

Jeder kann mitmachen

3D einen Schritt weiter

GDTF-Download: Viele Wege führen nach Rom

GDTF-Format: Was nützt es mir?

GDTF auch für Traversen oder Stromverteiler: DIN SPEC 15800

Fazit


Deshalb vergegenwärtigen wir uns einmal den Ist-Zustand des Jahres 2022 in der Lichttechnik: Wird ein neuer Scheinwerfer auf den Markt gebracht, muss für dessen komfortable Bedienung für jede Lichtstellpult-Familie, mit der man ihn steuern möchte, ein Fixture – also eine Scheinwerfer-Bibliothek – geschrieben werden. In so einer Datei wird beschrieben, welcher DMX-Kanal welche Funktion ausführt und wie diese in der jeweiligen Pultfamilie entsprechend zugeordnet wird.

Konkret beispielsweise, dass der PAN auf den ersten Encoder gelegt wird und der Tilt auf den zweiten Encoder. Bei Pan und Tilt sind sich die meisten Hersteller bereits einig, aber dann kommen die vielen speziellen Funktionen und jedes Pult hat aufgrund seiner Struktur seine Vor- und Nachteile. Die Folge: für einen neuen Scheinwerfer muss eine große Anzahl an „Treibern“ geschrieben werden. Zum Teil werden diese von Drittanbietern geliefert, die sich diese Arbeit als Serviceleistung zu eigen gemacht haben. Ein Beispiel dafür wäre die Firma www.carallon.com, die u. a. auch die Fixtures für GMA2-Pulte schreibt. Diesen Zustand könnte man beinahe mit der alten DOS-Welt vergleichen, wo für jeden Drucker, der gebaut wurde, zu jedem PC-System ein Treiber geschrieben werden musste, damit die Geräte richtig miteinander kommunizierten.

Schauen wir nun in die Zukunft: Was wäre, wenn man nun für einen neuen Scheinwerfer nur noch eine einzige Datei schreiben müsste und sich jede Pultfamilie die Daten daraus so herauspickt, wie es für das Pult am günstigsten ist? Das ist der Kerngedanke des GDTF-Formats – eine universelle Fixture-Library. Vorangetrieben wird es durch die GDTF development group, gebildet von Vectorworks, MA Lighting und Robe Lighting.

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Jeder kann mitmachen

Normalerweise fragt der Anwender, wenn er eine neue Lampe in das Pult patchen will und diese noch nicht in der Konsole hinterlegt ist, den Pulthersteller oder den Lampenhersteller, ob sie ihm das passende File liefern können. Viele Scheinwerferhersteller bieten den Service nur für einige wenige gängige Pultmarken an oder verweisen auf den Konsolenhersteller. Das kann dann auch schon mal ein paar Tage dauern, bis die Daten für das entsprechende Pult zur Verfügung stehen. Einige Pulthersteller haben deshalb einen „Fixture Builder“ entwickelt, so dass der Anwender sich mal eben schnell das Fixture für den nahliegenden Einsatz selbst zusammenbauen kann. Genau hier setzt auch ein mächtiges Tool des neuen Formates an: Der GDTF Fixture Builder ist ein Werkzeug, um den Anwender benutzergeführt, fast intuitiv, beim Anlegen eines neuen Fixtures zu unterstützen.

SGM Pilot 3000 Fixture-Builder
Einfach zu handhaben: Der proprietäre Fixture-Builder stammt aus der Zeit, als SGM noch Lichtstellpulte herstellte. (Bild: Herbert Bernstädt)

Eine weitere Besonderheit des GDTF Fixture Builder ist, dass sich diese Software auf einem eigens gehosteten Server befindet und sich nach der Registrierung bzw. Anmeldung die Software über ein Browserfenster bedienen lässt. Das Prinzip der Zentralverwaltung von Daten oder auch Software ist an sich nicht neu. Die einen nennen es „Cloud“ und die anderen „Share“. Das ist gerade zum jetzigen Zeitpunkt ein riesiger Vorteil, da die Software und der Fixture Builder ständig verbessert werden. Die Entwicklung ist ein organischer Prozess und man lernt kontinuierlich hinzu. Anstatt nun ständig eine Software, die auf dem Rechner installiert ist, updaten zu müssen, merkt der Anwender meist gar nicht, welche Fortschritte der Fixture Builder auf dem Server durchläuft.

Der einzige Nachteil ist: man muss online sein, um ein Fixture erstellen zu können. Auf der anderen Seite läuft der GDTF Fixture Builder sehr stabil und man kann stundenlang das Builder-Fenster in seinem Browser offenhalten, ohne dass es zu einem Absturz oder Datenverlust kommt. Jedoch ist es erst mal ungewöhnlich, dass man seine Arbeit nicht mit einem Speicherbefehl sichert. Wenn man das Erstellte „absichern“ möchte, dann wird diese Datei auf dem Share-Server abgespeichert und eine Kopie in den Download-Ordner heruntergeladen. Natürlich kann man seine Arbeit erst einmal vor den Blicken der kritischen Kollegen verbergen, indem man diese Datei als „in Arbeit“ kennzeichnet und nicht in den Share Bereich einziehen lässt. Aber auch die Zwischenversionen bleiben vorerst auf dem Server, wenn auch verborgen.

Hinter der Entwicklung stehen zwar konkret drei starke Marken: Vectorworks, MA Lighting und Robe Lighting. Jedoch wurde darauf geachtet, dass dieses Protokoll von möglichst allen genutzt werden kann und nicht nur für die MA-Konsolen optimiert wurde. Das erkennt man schon daran, dass einige Funktionen von der grandMA3 3D gar nicht visualisiert bzw. umgesetzt werden. So kann die grandMA3- Konsole zwar GDTF einlesen, aber die Informationen aus der GDTF-Datei müssen erst einmal zu einem grandMA3- spezifischen Fixture umgewandelt werden: Das GDTF-Format beinhaltet viel mehr, als was diese Konsole zu leisten vermag. Auf der anderen Seite beinhaltet GDTF einige grandMA3-spezifischen Daten wie z. B. „Lowlight“ nicht.

GDTF Fixture-Builder Geometrie
Der Browser-basierte Fixture-Builder des GDTF-Formats stellt mit internen Validierungsprozessen sicher, dass die erstellten Dateien den vorgegebenen GDTF-Spezifikationen entsprechen. (Bild: Herbert Bernstädt)

Mit der Beteiligung von Vectorworks wird eine weitere Tür aufgestoßen: Wenn man bereits alle DMX-Funktionen und die Abhängigkeiten der Freiheitsgrade sowie Spektren der Lichtquelle zusammengefasst hat, dann kann man mit den ebenfalls vorhandenen 3D-Daten des Fixtures diese auch in CAD-Systemen und Visualisierungssoftware einbinden. Sicher fehlen jetzt noch Rendering-spezifische Angaben wie die Oberflächentextur. Aber das Format lebt und alle sind eingeladen, diese Open-Source-Technologie zu nutzen.

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3D einen Schritt weiter

Jetzt kann man Fixtures über das GDTF-Format in einige Visualisierungstools einlesen und auf der Bühne platzieren. Diese Informationen sollen nun aus der Visualisierungssoftware in das Lichtpult übertragen werden, idealerweise, ohne die Daten alle noch einmal eingeben zu müssen. Um die nun gewonnenen Zusammenhänge auch in einer grandMA3 3D wieder richtig anzuzeigen, wurde das Dateiformat „My Virtual Rig“ (MVR) entwickelt, das bei dem Austausch zwischen Planung, Visualisierung und Konsolen zu einem durchgängigen Workflow verhilft.

Doch zu MVR werden wir später einen eignen Artikel veröffentlichen. Hier sei nur festgehalten, dass GDTF-Daten für einen durchgängigen und herstellerunabhängigen Datentransfer mit über das MVR-Dateiformat übertragen werden. Zurzeit unterstützen die Programme von Syncronorm (depence²), Vectorworks, ChamSys, MA Lighting, Cast Software (WYSIWYG) und Capture Visualization MVR-Files.

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GDTF-Download: Viele Wege führen nach Rom

Um die gewünschten Fixture-Bibliotheken (GDTF-Files) herunterzuladen, gibt es den direkten Weg über https://gdtf-share.com. Jedoch muss man sich dafür erst einmal registrieren. Ohne Registrierung kann man bei Scheinwerferherstellern fündig werden, die entweder das File auf ihrer Homepage bereitstellen oder auf ihren eigenen GDTF-Share-Server verweisen. Dies ist deshalb sehr gut gelöst, weil der Hersteller nur noch über den Share Server Daten pflegen muss. So ist immer nur ein Datensatz zu pflegen. Der komfortabelste Weg ist direkt über das Lichtstellpult. Zum Beispiel erlaubt die grandMA3 eine Verbindung zum Internet. Steht die Verbindung, was mit einer grünen Weltkugel angezeigt wird, dann kann man im Patch den Reiter „Weltkugel Shares“ wählen und erhält direkten Zugriff auf den Share-Ordner und kann das gewünschte Fixture auswählen.

GDTF Share Auswahl Fixture Vers
GDTF-Share: Ein Beispiel für den Zugriff auf eine GDTF-Fixture-Bibliothek über GDTF-Share. Eine Anmeldung zur Nutzung des Share-Bereiches ist notwendig. (Bild: Herbert Bernstädt)

 

GDTF Share Robes Page
GDTF-Server: Der Zugriff auf eine GDTF-Fixture-Bibliothek über eine Herstellerseite auf dem GDTF-Server – hier ist keine Anmeldung notwendig. (Bild: Herbert Bernstädt)

 

GMA3 Patch GDTF Share
Der Zugriff auf eine GDTF-Fixture-Bibliothek ist über ein Lichtstellpult wie grandMA3 auch direkt online möglich, wenn ein Zugang zum Internet besteht. (Bild: Herbert Bernstädt)

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GDTF-Format: Was nützt es mir?

Ab wann sollte man sich als Anwender mit GDTF auseinandersetzen? Immerhin erwartet man als Kunde eine immer aktuelle Datenbank über die benötigten Fixtures. Naheliegend ist dies erstmal, wenn für das gewünschte Fixture noch keine Library erstellt wurde, es schnell gehen muss und man keine Zeit hat, auf die Reaktion des Herstellers zu warten. Oder das Fixture ist schon so alt, dass sich keiner mehr dafür zuständig fühlt und es sich herstellerseitig nicht mehr lohnt, dafür eines zu erstellen.

GDTF-Share Versionen
Anhand des Revisions-Namens, den man beim Hochladen vergibt, kann man die Unterschiede zur Ursprungsversion anzeigen. Hier die Bemerkung „Tubus für breiten Abstrahlwinkel, ohne Torklappe, Bügel für Einsatz auf Stativ durchgeschwenkt“. Das Fabriksymbol zeigt an, dass diese Version vom Scheinwerferhersteller erstellt wurde, das Raketensymbol signalisiert die Freigabe der Datei. (Bild: Herbert Bernstädt)

Aber auch bei vorhandenen Fixtures kann es manchmal Sinn ergeben, selbst noch einmal Hand anzulegen, um seine Liebe zum Detail richtig hervorzutun. Nehmen wir z. B. einen Fresnellinsenscheinwerfer. Dieser wird vom Hersteller z. B. in einem Hängewinkel von 45° angelegt, mit einem Tubus, der halb herausgefahren ist und einen mittleren Abstrahlwinkel aufweist. Damit nun der Tubus entsprechend des gewünschten Abstrahlwinkels eingeschoben oder ganz herausgezogen und der Bügel in 90°-Anstellung in der Visualisierung erscheint, kann man das Fixture, das der Hersteller als GDTF angelegt hat, herunterladen und in dem Builder nach eigener Fasson ändern.

GMA3 3D F2 Variation
Die Darstellung zweier Scheinwerfererscheinungen im 3D-Fenster der grandMA3. Mit Torklappen, das Hersteller-erstellte GDTF-Fixture und ohne Torklappe, eine vom Anwender erstellte Variation für den Einsatz auf einem Stativ. (Bild: Herbert Bernstädt)

So entstehen dann verschiedene Versionen des Fixtures, die sich auch dadurch unterscheiden, wer der Ersteller der Datei ist. Das wird durch die Anmeldung beim Öffnen des Fixtures-Builders zwingend zugeordnet. In Zukunft wird es auch dafür virtuelle Steuerkanäle geben, um konventionelle Scheinwerfer innerhalb der Software einzustellen, aber bis dahin bleibt der Workaround über den Builder.

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GDTF auch für Traversen oder Stromverteiler: DIN SPEC 15800

Nichts ist besser als eine DIN, um etwas festzuschreiben. Da eine DIN jedoch Jahre braucht, um alle Instanzen zu durchlaufen, aber die Technik nun immer schneller voranschreitet, gibt es auch ein verkürztes Verfahren mit dem Namen DIN-SPEC. Die DIN SPEC 15800 ist das Grundgerüst für das GDTF-Format und erfährt Überarbeitungen. Anfang 2022 wird die Version 1.2 des GDTF Fixture Builders aufgespielt, der neben dem obligatorischen Bug-Fixing weitere Funktionen hinzufügt.

DIN SPEC 15800 Beuth
Die DIN SPEC 15800 kann man kostenlos vom Beuth-Verlag herunterladen. (Bild: Herbert Bernstädt)

So werden auch Laser, Traversen, Züge, Stromverteiler und neue Geometrien mit deren speziellen Funktionalitäten unterstützt. SVG- und GLTF-Formate finden Einzug, eine Lösung für das nichtlineare Verhalten von Objekten wird aufgezeigt und nicht DMX-basierende Strukturen wie die Steuerung über OSC ermöglicht. Dass dafür die Definition des GDTF-Formats erweitert wird, hat folglich auch die Überarbeitung zur DIN SPEC 15800 zur Folge.

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Fazit

Das unnötige, mehrfache Eingeben der gleichen Daten für jede Pult-, Beleuchtungs-, Visualisierungs- oder Planungssoftware kann mit GDTF zur Geschichte werden. Die Verarbeitung und anschließende Weitergabe mit nur einem Datenprotokoll ohne Neueingabe bietet die Möglichkeit eines durchgängigen Workflows. Dies verdient auf jeden Fall Unterstützung und es ist eigentlich schade, dass bis zum Frühjahr 2022 nur die Pultanbieter ChamSys und MA die GDTF-Files unterstützen. Das erinnert sehr an die Anfänge von DMX 512, als jeder Pulthersteller sein eigenes Format wie SMX, PMX … nutzte – hauptsache proprietär (und wenn man nur, wie Martin damals, das „Plus“ mit dem „Minus“ auf dem Datenbus vertauschte). Sicher, wie bei jedem neuen System tauchen auch hier Kinderkrankheiten auf und liegen einige Fallstricke auf der Lauer. In den nächsten Ausgaben befassen wir uns daher damit, wie man mit dem GDTF Fixture Builder und den Sonderfällen sein gewünschtes Fixture anlegen oder ein vorhandenes Fixture variieren kann.

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