d&b-Beschallung mit TiMax-Routing

Basel Tattoo mit Audio-Ortung

 

Basel Tattoo
Dudelsackklänge erfreuen sich beim Basel Tattoo stets großer Beliebtheit (Bild: Jörg Küster)

Zackig und mit einer kräftigen Portion Pathos marschierte im Juli 2015 das Basel Tattoo über den Exerzierplatz der alten innerstädtischen Kaserne. Der Sound auf den Tribünen war exzellent – die vielköpfige Tontechniker-Crew hatte im Hintergrund alle Hände voll zu tun, um mit einem aufwändigen Routing und einer d&b Beschallung für einen klaren und gut ortbaren Sound auf der großen Fläche zu sorgen.

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Bereits zum zehnten Mal wurde die Klanggestaltung beim Basel Tattoo von der lokal ansässigen Audiopool GmbH (www.audiopool.net) verantwortet. Geschäftsführer Thomas Strebel kann auf umfangreiche Erfahrungen in der Proaudio-Branche verweisen und ist in quasi allen Genres der Musikproduktion bewandert; Expertise ist insbesondere auch im Musical-Bereich vorhanden. Die Audiopool-Mitarbeiter verfügen in den allermeisten Fällen über einen musikalischen Background, was die Kommunikation mit Musikern und anderen Künstlern fraglos vereinfacht – in Basel wurde das Team allseits für seine Kompetenz und sein freundliches Auftreten selbst in tendenziell stressigen Situationen gelobt.

Thomas Strebel
Thomas Strebel Geschäftsführer Audiopool (Bild: Jörg Küster)

Thomas Strebel schien in der Kaserne omnipräsent zu sein, dirigierte hier, delegierte dort und hielt sämtliche (Audio-) Zügel in der Hand. Bei regelmäßigen Besprechungen wurden alle Crew-Mitglieder auf dem Laufenden gehalten sowie Verbesserungsmöglichkeiten in großer Runde in Schwyzerdütsch und Englisch erörtert. Eine perfekte Taktung war bei allen Gewerken erforderlich, um die XXL-Logistik einer Veranstaltung mit über 1.000 Mitwirkenden und einem entsprechend großen Organisationsaufwand nicht unnötig zu strapazieren.

 

Live-Sound und Recording

Besonders stolz war Thomas Strebel darauf, dass dem Event von ausgewiesenen Tattoo-Spezialisten der mit Abstand beste Sound bei Veranstaltungen dieser Art bescheinigt wurde. Der Autor ist zwar definitiv kein Fachmann für Marschmusik, erlaubt sich aber die Einschätzung, dass der Klang auf den Tribünen seitlich wie frontal zum Exerzierplatz in Anbetracht der gegebenen Umstände exzellent war – mitunter war mit den Ohren nicht genau auszumachen, was als Direktschall von der über den Platz marschierenden Kapelle und was aus den Lautsprechern kam. Trotz einer komplexen Signalbearbeitung war kein „Delay-Geschepper-per-per“ zu vernehmen, und Rückwürfe von der Gebäudefassade fielen kritischen Ohren lediglich dann auf, wenn die Hörner direkt gen Hauswand schmetterten. Die Blechbläser ertönten auf allen Plätzen mit dem nötigen Biss, wobei die Holzbläser dank einer geschickten Mikrofonierung nicht mauerblümchenhaft zurückfielen. „Bumms im Bass“ gab es an geeigneten Stellen erstaunlicherweise auch, ohne dass der insgesamt präsente Sound vermatscht worden wäre. Vom Feinsten war schließlich die Ortung, welche man in dieser Lokalisationsschärfe kaum erwartet hätte – eine wirklich reife Audioleistung!

Zum Aufgabenspektrum von Audiopool gehörte nicht nur die Beschallung, sondern es wurde auch ein mehrkanaliger Tonmitschnitt der Event-Premiere erstellt. Ein provisorisches Tonstudio hatte die Audiopool-Crew in einem an den Radioraum angrenzenden Zimmer eingerichtet, wobei diverse Gestaltungsmaßnahmen für eine brauchbare Akustik sorgten – schließlich wurde hier nicht nur aufgenommen, sondern in zwei Nächten auch die Stereomischung für eine CD erstellt, welche bereits zwei Tage nach der Premiere verfügbar war. Drehund Angelpunkt des Audiogeschehens im Studio war eine Digico SD7; Audioworkstations der Wahl waren Pyramix (128 Tonspuren) von Merging Technologies und Reaper (20 Ambience-Spuren) von Cockos. Als externe Effektgeräte angebunden waren ein Bricasti Design M7 und ein TC Electronic Reverb 4000. Als Monitore dienten die neuen Quested Midfield-Aktivlautsprechermodelle V3110.

d&b Lautsprecher
Entlang der Längsseiten des Exerzierplatzes waren sechs schwarz lackierte Poles mit jeweils einem Q7-Lautsprecher von d&b Audiotechnik aufgebaut und in Richtung der oberen Tribünenplätze ausgerichtet (Bild: Jörg Küster)

Beschallung im Netzwerk

Als Systemtechniker wurde Tiziano Laghezza aktiv. Laghezza ist als „Technical Project Manager Audio“ fest bei der Winkler Multi Media Events AG (www.winkler.ch) angestellt. Das Schweizer Unternehmen lieferte die gesamte Beschallungstechnik für das Basel Tattoo 2015. Das Beschallungskonzept wurde von Thomas Strebel gemeinsam mit Robin Whittaker (Out Board / TiMax) erarbeitet; die technische Detailplanung verantwortete René Zulauf.

Das Innengelände der alten Basler Kaserne ist von beachtlicher Dimension; von der den Hof begrenzenden Rückwand bis zum FOH-Platz wurde eine Distanz von 100 Metern gemessen. Entlang der Längsseiten des Exerzierplatzes waren sechs schwarz lackierte Poles aufgestellt worden, auf denen jeweils ein Q7-Lautsprecher von d&b Audiotechnik thronte und in Richtung der oberen Tribünenplätze zeigte. Die näher am Geschehen angesiedelten Plätze wurden mit jeweils zwei schräg nach unten weisenden E3 beschallt.

gewinkelt nach oben weisende Arrays
Tribüne auf der kurzen Seite des Platzes mit gewinkelt nach oben weisenden Arrays aus d&b V8, 2 + 2 Schoeps MK4 in ORTF-Anordnung für die Multitrack-Aufnahme (Bild: Jörg Küster)

Die auf der kurzen Seite des Platzes aufgestellte Tribüne wurde mit gewinkelt nach oben weisenden Arrays versorgt. Zum Einsatz kamen insgesamt vier Stacks, welche an den Außenpositionen jeweils vier und für den Innenbereich je drei d&b Audiotechnik V8 zusammenfassten – mehr Units hätten sich mit Gedanken an eine Sichtbehinderung nicht stapeln lassen. In einer VIP-Lounge sorgten zehn zeitverzögert angetriebene d&b E0 für eine Auffrischung der Signale. Die Basswiedergabe übernahmen 14 unterhalb der Tribünen aufgestellte Kling & Freitag Access B5. Mit den Anwohnern gab es dem Vernehmen nach keine größeren Probleme bezüglich Sound bzw. Lautstärke – einem guten Verhältnis zur Nachbarschaft mag zuträglich sein, dass für die Anwohner Freitickets bei der Generalprobe verfügbar sind.

Auf dem Boden um den Exerzierplatz verteilt waren acht Kling & Freitag CA 1215-6 und CA 1215-9 (65 respektive 90 Grad horizontal), welche für das Monitoring der Akteure herangezogen wurden. In die rückwärtige Fassade waren drei weitere Lautsprecher dieses Typs integriert, zu denen sich zwei weitere CA 1215 als Sidefills für das auf einem überdachten Podium sitzende Orchester gesellten. Als Wedges kamen hier vier d&b Audiotechnik MAX12 zum Einsatz.

Über das komplette Gelände wurde ein WiFi-Netzwerk gespannt, so dass alle d&b-Verstärker ohne Verlegung langer Cat-Kabel aus der Ferne gesteuert und kontrolliert werden konnten – zum Einsatz kamen R70 „Ethernet auf CAN“-Interfaces und die Steuer-Software R1. Als Amps kamen d&b Audiotechnik D6 für das Monitoring zum Zuge, während die V-Systeme und Subwoofer mit D80-Endstufen angetrieben wurden. Für Lautsprecher der Serien Q und E hatte man in Basel D12-Endstufen vorgesehen. Die Amps nahmen überwiegend digitale Audiosignale aus dem Netzwerk entgegen.

FOH-Container
FOH-Container mit Fenstern und darunter befindlicher VIP-Lounge (Bild: Jörg Küster)

Alle Audio-Inputs wurden per Optocore-Ring von fünf über das Gelände verteilten SD-Racks an die Digico-Konsolen (FOH und Studio) geliefert. Die aus den Mischpulten kommenden Signale wiederum wurden per Riedel RockNet (Wandlung MADI auf RockNet via RN.334.MD) verteilt. Angesteuert wurden unter anderem fünf Amp-Cities sowie Außenlautsprecher auf der am Gebäude vorbeiführenden, von Essensständen gesäumten Tattoo Street. Strecken von mehr als 80 Metern wurden mit Glasfaserkabeln überbrückt, während für kürzere Distanzen Cat-Kupferkabel gezogen wurden. Als Intercom-Lösung kamen beim Basel Tattoo 2015 Produkte aus der Artist-Serie von Riedel zum Einsatz.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Thomas Strebel führte auf dem Gelände einen Rundgang für die interessierten freiwilligen Helfer des Basel Tattoo 2016 durch. Seine Informationen waren, auch für uns Laien, absolut spannend. Was da geleistet wird, unglaublich! Postscriptum, das Basel Tattoo 2016 wird am Freitag, 02.09.2016, 20.00 Uhr, auf Radio SRF Musikwelle und am Samstag, 10.09.2016, 20.10 Uhr, auf SRF1 TV übertragen. Wir freuen uns aufs nächste Basel Tattoo 2017, vom 21. bis 29.07.2017. Sein Besuch lohnt sich!

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  1. Live-Mikrofonierung und Lokalisierung › Production Partner

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