Linienstrahler im Figurentheater

Eine Kombination aus Linienstrahlern und Beam-Steering sorgte bei einer Spielstätte des 19. Figurentheater-Festivals für schnelle Setups der wechselnden Shows, für eine pfiffige Raumakustik per Beam zur Decke und für eine defensive Optik.

Les Atelier du Spectacle
Eine Spielstätte des 19. Internationalen Figurentheater-Festivals Erlangen / Nürnberg / Fürth. (Bild: Erich Malter)

Linienstrahler und das Beam-Steering wurden lange mit „mäßige Klangqualität, aber gut für schwierige akustische Verhältnisse“ in Zusammenhang gebracht. Mit ihren Linienstrahlern, insbesondere den Modellen der Focus Modular Serie, will das schwäbische Unternehmen Fohhn dagegen den Beweis antreten, dass Beam-Steeringfähige Linienstrahler sehr wohl in der Lage sind, auch klanglich anspruchsvollste Veranstaltungen hochwertig und professionell zu beschallen.

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Seit einiger Zeit sind Lautsprecher aus dem Hause Fohhn zunehmend auch im gehobenen Theaterbereich zu finden, so auch beim diesjährigen „19. Internationalen Figurentheater-Festival Erlangen Nürnberg Fürth“. Wer glaubt, bei Figurentheater handle es sich um ein wenig Puppenspiel für Kinder, könnte falscher kaum liegen: Hinter dem etwas sperrigen Namen verbirgt sich eines der spannendsten Theaterfestivals Europas – eines, das Genregrenzen souverän überschreitet, das zeitgenössischen Tanz und Neue Medien, Comic und Nouveau Cirque, Bildende Kunst und Performance, Hochkultur und Unterhaltung ebenso verbindet, wie es sich auch immer wieder auf das klassische Figurentheater besinnt. Mit 67 teilnehmenden Kompagnien aus 19 Ländern, insgesamt 155 Vorstellungen an 10 Tagen und in 3 Städten und mit über 20.000 Besuchern gehört das Internationale Figurentheater-Festival zu den bedeutendsten Plattformen für zeitgenössisches Figuren-, Bilder- und Objekttheater in Europa und darüber hinaus. Ein Festival, das höchste Ansprüche an Kunst und Technik stellt – so auch an die Tontechnik.

Sound-Design

Eine der Festival-Hauptspielstätten, der Erlanger Redoutensaal, eine extra für das Festival eingerichtete Venue ohne jegliche eigene technische Infrastruktur, wurde für die Dauer des Festivals komplett mit Lautsprechern aus dem Hause Fohhn ausgestattet. Da nicht auf eine vorhandene Tonanlage zurückgegriffen werden musste, hatten die Planer (www.superklaenge.de) bei der Auswahl der Systeme freie Hand und konnten die für die Spielstätte und das Festival am besten geeigneten Komponenten auswählen, anstatt auf vorhandenes Material zurückgreifen zu müssen. Die Raumakustik des Saales war zwar nicht unbedingt schlecht, benötigte aber doch ein Lautsprechersystem, das etwas mehr konnte, als lediglich Schall zu emittieren. Die Wände des Saales wurden komplett mit dicken schwarzen Vorhängen ausgehängt, was eine starke Absorption der Hoch-Mitten und der Höhen zur Folge hatte – und somit einen etwas dumpfen Raumklang. Lediglich die Stuckdecke wurde nicht mit Stoff abgehängt und so entschieden sich die Planer, etwas Schall aus den Lautsprechern auch an die Decke zu lenken, um so etwas Diffusion und einen natürlicheren Raumklang zu erhalten.

FOH-Beschallung beim Internationalen Figurentheater
Für die FOH-Beschallung kamen pro Seite je ein Hochtonmodul Focus Modular 100 und ein Low-Mid-Modul Focus Modular 400 zum Einsatz (Bild: Thomas Zahn)

Side-Lobe-Free-Technology 

Jedes mechanisch gecurvte Line-Array und jeder Linienstrahler produzieren bauartbedingt unerwünschte Seitenabstrahlkeulen – die sogenannten Side Lobes. Diese entstehen aufgrund der endlichen Abstände zwischen den Einzelquellen und der begrenzten Länge des Arrays/Linienstrahlers. Mit der Side Lobe Free Technology hat Fohhn einen Algorithmus entwickelt, der diese unerwünschten Seitenabstrahlkeulen sehr effektiv unterdrücken soll. Weniger Seitenabstrahlkeulen wirken sich sehr positiv auf die erzielte Sprachverständlichkeit und die Rückkopplungssicherheit der Systeme beim Umgang mit Mikrofonen aus.

Für die FOH-Beschallung kamen pro Seite je ein Hochtonmodul Focus Modular 100 und ein Low-Mid-Modul Focus Modular 400 zum Einsatz. Ergänzt wurden diese Beam-Steering-fä- higen Linienstrahler durch zwei diskret anfahrbare aktive XS-4 Subwoofer sowie einen ebenfalls einzeln steuerbaren XT-4 als Center-Speaker. Da im Theaterbereich eine sehr gute FOH-Beschallung alleine meistens nicht ausreicht, wurden ergänzend zur FOH-Beschallung als Hinterbühnen-Lautsprecher zwei Fohhn AT-66 Speaker verwendet und als Surround-Lautsprecher zwei weitere XT-4. Vervollständigt wurden diese fixen Speaker durch insgesamt vier mobil einsetzbare Fohhn XT- 22 Lautsprecher, die je nach Anspruch der gastierenden Gruppen – immerhin war im Redoutensaal nahezu täglich eine andere Kompagnie zu Gast – an wechselnden Orten zum Einsatz kamen. Als Endstufen/Controller für die passiven Lautsprecher standen insgesamt zwei Fohhn D-2.1500 und eine Fohhn D-4.1200 zur Verfügung. Außergewöhnlich an diesem Set-Up waren in erster Linie die erwähnten Focus Modular Lautsprecher. Hierbei handelt es sich um aktive modulare und Beam-Steering-fähige Linienstrahler.

Beam Steering
Beam Steering zur gleichmäßigen und fokussierten Abdeckung der Hörfläche plus etwas Raumklang über Deckenreflexionen. (Bild: Thomas Zahn)

Zur Erinnerung: Beam-Steering

Bei Beam Steering handelt es sich um ein Verfahren, das ursprünglich aus der Antennentechnik stammt und dort für steuerbare Antennen-Arrays verwendet wird. Im Audiobereich bezeichnet der Begriff nach der Definition von Fohhn die „Steuerung der Schallabstrahlung von Lautsprechersystemen mittels Elektronik und Software“. Die zugrunde liegende Physik ist praktisch dieselbe wie in der Antennentechnik, lediglich die Frequenzen, um die es letzten Endes geht, unterscheiden sich dann doch deutlich. Im Endeffekt sind die Linienstrahler also „elektronisch steuerbar“, die Lautsprecher müssen – insofern sie einigermaßen sinnvoll platziert sind – also nicht mehr physisch justiert werden, vielmehr geschieht dies komfortabel per Software. Die zu nutzende Hörfläche kann also sehr gezielt und effektiv abgedeckt werden, ohne dass der Raum (insbesondere Decke und Boden) unnötig angeregt wird. Ein kritischer Punkt bei der Technik ist die Frage, welche Kompromisse gegenüber einem Lautsprecher, der für eine fixe Abstrahlung entwickelt wurde, eingegangen werden müssen.

Leistungsfähige Hochtonmodule  (FM-100) und dazu passende Low-Mid Module (FM-400) lassen sich je nach spezifischer Anforderung und Raumgröße frei miteinander kombinieren und optimal an die jeweilige Veranstaltungsgröße und Raumsituation anpassen, so dass der Nutzer jederzeit ein bestens auf die jeweilige Nutzungssituation abgestimmtes System erhält. Dabei kann Focus Modular nicht nur beachtliche Reichweiten erzielen und eine hohe Sprachverständlichkeit auch in akustisch schwierigsten Situationen, sondern auch einen sehr musikalischen Grundsound, der gerade in Kombination mit den ebenfalls eingesetzten Subwoofern keine Wünsche offen lässt.

Als großer Vorteil für die gegebene Anwendung erwies sich die Möglichkeit, das Abstrahlverhalten der Systeme auf elektronischem Wege zu manipulieren und Side-Lobes entweder zuzulassen oder zu unterdrücken. So konnte gezielt Schall an die Decke gelenkt werden, ohne gleichzeitig den ganzen Raum unnötig anzuregen oder die eigentliche Hörfläche zu vernachlässigen. Das Resultat war eine sehr gleichmäßige und fokussierte Abdeckung der Hörfläche mit einem sehr angenehmen Raumklang, der durch die Deckenreflexionen erzeugt werden konnte. Darüber hinaus haben diese Systeme den Vorteil, dass sie optisch praktisch nicht auftragen, also quasi nahezu unsichtbar sind – in zahlreichen Einsatzgebieten eine durchaus gewünschte Eigenschaft. Und gerade auch im Theaterbereich soll die verwendete Technik möglichst nicht sichtbar sein, um nicht vom Bühnengeschehen abzulenken.

Installation und Inbetriebnahme

Fohhn XT-4 Surround-Lautsprecher
Zwei Fohhn XT-4 als Surround-Lautsprecher. (Bild: Thomas Zahn)

Die Focus-Modular-Lautsprecher konnten Planer und Festivaltechniker bereits bei der Installation und Inbetriebnahme positiv überraschen, da sie für derart leistungsfähige Systeme über sehr kompakte Abmessungen und ein damit verbundenes relativ geringes Gewicht verfügen und somit recht einfach zu handhaben und flott zu installieren waren. Alle aktiven Speaker sowie die Endstufen/ Controller sind über Netzwerk (Cat.5) steuerbar, so dass nach erfolgter Installation der Lautsprecher lediglich noch ein Laptop mit der Fohhn Audio-Soft Steuersoftware angeschlossen werden musste, um mit dem Einmessen zu beginnen. Das eigentliche Einmessen der Systeme war dann, wie vorher schon die eigentliche physische Installation der Komponenten, ein schneller Vorgang, so dass innerhalb kürzester Zeit ein perfekt eingestelltes spielfertiges System zur Verfügung stand. Insbesondere konnte die BeamSteering-Technologie der Focus Modular Module überzeugen: da das Abstrahlverhalten der Lautsprecher per Software und in Echtzeit extrem fein kontrolliert und justiert werden kann, konnte eine akustisch optimale Ab – deckung der gewünschten Hörfläche problemlos und schnell erreicht werden. Der enge Zeitplan, der zur Einrichtung der Spielstätte zur Verfügung stand, konnte so problemlos eingehalten werden und das Festival beginnen.

FOH Internationales Figurentheater
Als Hinterbühnen- und mobile Lautsprecher dienten zwei Fohhn AT-66 und vier XT-22 (Bild: Thomas Zahn)

Anspruch und Wirklichkeit

Wie erwartet war das Festival dann in der Tat auch im Hinblick auf die geforderte Flexibilität und Qualität der Lautsprechersysteme äußerst anspruchsvoll. Jeden Tag spielte eine andere Kompagnie mit jeweils sehr spezifischen und recht gehobenen Anforderungen an die Systeme. Mussten etwa an einem Tag komplexe elektronische Klanglandschaften präzise und detailliert wieder – gegeben werden, so war am nächsten Tag aufgrund des Einsatzes zahlreicher Funkmikrofone in erster Linie eine exzellente Sprachverständlichkeit und Rückkopplungssicherheit gefordert. Und auch Musiker, Bands und Ensembles aller denkbarer stilistischen Ausrichtungen waren zu Gast und mussten adäquat und klanglich hochwertig verstärkt werden. Und sollte es im Vorfeld noch den einen oder anderen Bedenkenträger gegeben haben, der Zweifel hatte, ob Linienstrahler das richtige Werkzeug für das Festival seien, so wurde auch dieser durch die Praxis eines Besseren belehrt: Die installierten Systeme meisterten alle Anforderungen durchaus bravourös. Zu keinem Zeitpunkt hatte man das Gefühl, die Systeme befänden sich am Rande ihrer Möglichkeiten: Vielmehr hatte man stets den Eindruck, sich komfortabel im „grünen Bereich“ zu bewegen und bei Bedarf jederzeit auf Leistungsreserven zurückgreifen zu können.

Auch alle angereisten Tonmeister und Tontechniker zeigten sich positiv angetan von den Systemen und auch das Publikum konnte sich freuen: Ein ums andere Mal kamen Festivalbesucher an den FOH-Platz, um sich bei den Tonleuten für die hervorragende Tonqualität zu bedanken. Sind Beam-Steering-fähige Linienstrahler also tatsächlich eine Option für den Theaterbereich? Nach den Erfahrungen, die Planer und Veranstalter während dieses Festivals gewinnen konnten, muss diese Frage klar mit ja beantwortet werden: Klanglich blieben keine Wünsche offen, die Systeme spielten zuverlässig und zeigten sich flexibel genug für jegliches Programmmaterial. Und obendrein lassen sich die Systeme beinahe unsichtbar in eine Spielstätte integrieren.

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