Lichtdesign Herbert Grönemeyer „Das ist los“

Grönemeyer: Ruhige Bilder als „Bühnenkarma“

An der minimalistischen Ästhetik des Grönemeyer-Albums orientierte sich das Bühnenbild zur „Das ist los“-Arena-Tour von Herbert Grönemeyer: Die Farben braun und beige brachte Lichtdesigner Gunther Hecker (Cue Design) zusammen mit Rob Sinclair beim Set-Design in den Vordergrund. Dieses Design wurde durch Lichträume aus GLP X4 und X5 Bars sowie Video-Einspielungen ergänzt und gebrochen. Nur ein passend brauner Backdrop ließ sich kaum auftreiben, musste Hecker feststellen …

Grönemeyer das ist los
Herbert Grönemeyer: Das ist los (Bild: Carsten Klick)

Das ist los – der Titel suggeriert im ersten Moment ein mit Reizen gespicktes Event. Musikalisch ist die Produktion jedoch teilweise minimalistisch gehalten: „Genau das Gegenteil ist auch bei der Tour der Fall, zumindest vom Grundgedanken her: Es sollte eher eine ruhigere Produktion werden, mit Theater-artiger, gedämpfter Beleuchtung“, erläutert Gunther Hecker, der 1990 als Techniker bei Herbert Grönemeyer anfing und von 1994 bis 2001 erstmals bei der Produktion am Lichtpult saß, bevor er ab 2014 erneut das Lichtdesign bei Grönemeyer übernahm.

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„Aus dem Grund haben wir hier braune Vorhänge und arbeiten mit Projektion, statt mit LED-Wänden. Wir wollten eine Bühne, die die Stücke etwas mitträgt, allerdings nicht spektakulärer sein muss als die Musik – und die Leute nicht mit Effekten oder gefühlt 2.000 Moving Lights erschlägt. Entsprechend haben wir die Show aufgebaut: Es beginnt damit, dass Herbert auf dem vorderen Ende des Stegs allein am Klavier sitzt“, erläutert Hecker das Showdesign. Als Pult dient ihm eine High End Systems Whole Hog 4 samt Expansion Wing, ein zweites Exemplar ist als Backup vorhanden. Dazu nutzt die Produktion eine weitere Whole Hog 4 zur Verfolger-Steuerung – hier kommen Robe Followspot zum Einsatz. Zusätzlich ist eine separate Videoregie mit eigenem Video-Server vorhanden.


Übersicht: 

GLP X4 und X5 als zentrale Beleuchtungselemente

Lichttechnik Herbert Grönemeyer „Das ist los“

Ruhig, aber nicht eintönig

Große Fläche mit optischer Brechung

Video-Stile mergen

Optisch abwechslungsreiche Show


GLP X4 und X5 als zentrale Beleuchtungselemente

Bei den Scheinwerfern waren neben Martin MAC Ultra Performance Moving Heads vor allem GLP-Fixtures zentrale Element, insgesamt 220 Stück – „darunter viele X4 Bars und die neuen X5 Bars, die demnächst herauskommt – weil ich viel mit Washlights arbeiten, keine große ‚Beam-Schlacht‘ veranstalten wollte. Das findet auch statt, aber nur bei einzelnen Nummern: Klar, Herbert spielt auch ‚Männer‘, ‚Bochum‘, ‚Alkohol‘ und einige andere Klassiker. Da muss natürlich etwas passieren. Ansonsten geht es eher darum, Ruhe im Bühnenbild zu vermitteln, ohne eine aufdringliche Anlage. Im Set sind viele Stücke, bei denen praktisch nur Bilder gesetzt werden.“ An der X5-Bar schätzt er, dass sie im Gegensatz zur X4 „doppelt so hell“ sind, wie er sagt. „Mit der X5 kann ich auch richtige Beam-Effekte zaubern.“ Zudem sei sie wasserdicht und „funktioniere einfach“.

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Lichttechnik Herbert Grönemeyer „Das ist los“

Licht- und Set-Design: Rob Sinclair und Gunther Hecker
Lichtdesigner (Operator): Gunther Hecker
Generaldienstleister: satis&fy
Deko-Sonderbauten: Airformance Design

Grönemeyer das ist los
Gunther Hecker arbeitete 1990 erstmalig für Herbert Grönemeyer (Bild: Carsten Klick)

Lichttechnik

  • 2 × High End Systems Whole Hog 4 samt Expansion Wing (1 × als Backup)
  • 1 × High End Systems Whole Hog 4 (Verfolger-Steuerung)
  • 39 × Martin Atomic LED
  • 9 × Robe Mega Pointe
  • 12 × Martin MAC Ultra Performance
  • 80 × GLP Impression X4 Bar 20
  • 6 × GLP Impression X4 Bar 10
  • 14 × GLP X5 Bar
  • 122 × GLP Impression X5
  • 5 × Robe Robin Forte FS
  • 1 × Arrisun 5 mit Darth Vader
  • 38 × 4-lite DWE
  • 24 × 2-lite DWE
  • 4 × Look Viper de Luxe

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Ruhig, aber nicht eintönig

Stellt es eine große Herausforderung dar, so einen Spannungsbogen aufrecht zu erhalten? Wenn der Grundgedanke darin besteht, ein homogeneres, ruhigeres Bühnenbild zu schaffen? „In der Tat gar nicht! Wir können völlig unterschiedliche Bilder kreieren – auch wenn man am Anfang der Show denkt, dass da eigentlich nicht viel Material hängt. Am Ende sind es dann doch 16 Trailer Material“, meint Hecker lachend. Über der Hauptbühne kommt ein verfahrbares, 12 × 6 Meter großes Lichtpod zum Einsatz, das von X4 Bars 20 umgeben ist. Im Innern der Konstruktion sind je drei X5 Bars an neun Leitern installiert. Neben der Bühne stellt der erwähnte Steg samt der B-Bühne am vorderen Ende ein oft genutztes Element dar, das für Abwechslung sorgt.

Grönemeyer das ist los
Verfahrbares Lichtpod hier in der Ausgansposition in der Bühnendecke, innen sind X5-Bars an Leitern installiert, außen X4 Bars 20. Im Bild ist die X4-Umrandung aktiv (Bild: Carsten Klick)

„Durch die Projektion kann ich sehr unterschiedliche Lichtbilder kreieren, auch durch die vielen X4 Bars. Bei einigen Stücken sind nur die X4 Bars an, keine X5, kein Beam. Manche Bilder erinnern atmosphärisch an Stanley Kubricks Film ‚2001 – Odyssee im Weltraum‘. Das sind schöne Bilder in dem Film! Durch den Lichtpod-Rahmen, der herunterfährt, die Leitern und die Tiefe der Bühne (die Lichtanlage reicht über den Laufsteg bis nach vorne) sind völlig unterschiedliche Tiefen in den Lichtbildern möglich. Dadurch ist es recht einfach, Veränderungen im Gesamtbild zu gestalten.“

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Große Fläche mit optischer Brechung

Eine ungeahnte Hürde bei der Produktion: „… einen braunen Backdrop zu bekommen. Seit der Pandemie sind kaum noch farbige Vorhänge verfügbar. Wir haben uns den Stoff herausgesucht, sind zu Gerriets gefahren, und den braunen gab es am Ende noch als Restposten. (lacht) Auf der Bühne ist alles braun: Der Boden, der Vorhang, sogar die Backline samt E-Piano und auch die Mikrofonständer. Auch die Deko an der Decke ist komplett in Beige und Braun gehalten. Das ist der Farbcode vom Inlay des Albums. Rob Sinclair war da strikt und meinte: ‚Gut, dann brauchen wir auch einen braunen Boden.‘ Den gab es zu dem Zeitpunkt ebenfalls nicht mehr – früher konntest du Marley-Böden in praktisch allen Farben kaufen! Wir haben ihn dann geprintet.“ Der Grund für die Material-Engpässe: „China hat das zwei Jahre lang nicht produziert – als Folge davon bekommst du keine Farben, das Material fehlt.“

Beim Konzert in der Schleyer-Halle ist der zwölf Meter hohe Backdrop 27 Meter breit, normalerweise sind es 30 Meter, erklärt Hecker: „Dadurch entsteht eine riesige Leinwandfläche, die mit Video bespielt werden kann. Um die Bühne herum habe ich noch vier Leitern mit X5 und Blindern positioniert, um Tiefe zu schaffen. Die Leitern habe ich integriert, um die Videoprojektionen zu brechen und bei Bedarf Räume zu kreieren.“

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Video-Stile mergen

Bei den Videoprojektionen bestand eine Herausforderung darin, dass Filme von mehreren Filmemachern angeliefert wurden. „Es galt, die unterschiedlichen Stilistiken für ein homogenes Bühnenbild unter einen Hut zusammenzubekommen. Bei der zweiten Nummer tauchen beispielsweise Hände auf, die Anton Corbijn gefilmt hat. Tolle Aufnahmen – mit mein Lieblingsbild! Zum Ende des Konzerts sind schwimmende Koi-Karpfen zu sehen. Wir sind inhaltlich nicht festgelegt!“ Er lacht. Dabei kommen vier lichtstarke 4K-Laser-Projektoren von Barco zum Einsatz. „Bei dem Stück ‚Demo‘ tanzt eine berühmte Balletttänzerin im Video. Das zeigen wir im Breitformat – mit dem riesigen Bild wirkt das tatsächlich wie ein Kinofilm.“

Grönemeyer das ist los
Video-Ästhetik trifft Licht in der Show Anton-Corbijn-Projektion mit Händen beim Song „Das ist los“ (Bild: Carsten Klick)

Abgesehen von der Logistik der Bühnendeko seien keine weiteren Hürden aufgetreten, so Hecker. „Ich habe die Renderings gemacht – so wie die Renderings sah am Schluss auch die Bühne aus. Das hat alles funktioniert. Die Deko im oberen Bereich – darunter der Lampenschirm am Ende des Stegs – haben wir von Airformance Design [in Krefeld] bauen lassen. Es gab nichts, das wir uns grob anders vorgestellt hatten.“

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Optisch abwechslungsreiche Show

Das Konzert beginnt, wie von Hecker angekündigt, unprätentiös nur mit Herbert Grönemeyer auf der B-Bühne am E-Piano, noch ohne Leinwand-Einsatz. Dadurch kommt in der ausverkauften Halle mit den 13.500 Zuschauern fast nahbare Club-Atmosphäre auf. Die Bühne ist noch verdunkelt, nur der Publikumsbereich der B-Bühne samt des Laufstegs erhellt. Der beleuchtete Lampenschirm um den Ring am Dach der B-Bühne unterstreicht dabei den Gedanken an „Wohnzimmer-Atmosphäre“ samt warmer Braun- und Beigetöne. Nach dem Ende des Stücks und der Rückkehr Grönemeyers auf Laufsteg und Hauptbühne, wo er stehend als Sänger agiert, wird das Digitalpiano samt Sitzplatz auf dem runden B-Bühnen-Frontelement schlicht in den Boden geklappt: Das Bühnenelement, auf dem das Instrument montiert ist, wird um 180 Grad gedreht. Die Änderung des Bühnenbildes findet derart selbstverständlich statt, dass es besondere Aufmerksamkeit braucht, um den Wechsel überhaupt mitzubekommen.

Beim zweiten Stück, „Das ist los“, erscheint der Corbijn-Film, Hände werden in weiß auf dem gekräuselten, braunen Vorhang sichtbar. Im Lauf des Konzerts wird der Vorhang beispielsweise in Violett und Orange getaucht, was durch den braunen Grund immer noch warme Farbspektren zurückwirft. Die Landschaften wirken fast elegisch.

Bei „Bochum“ werden Insignien des Ruhrpott-Bergbaus als rot-blaue Ikonizität projiziert. Ein Medley aus „Männer“, „Was soll das“ und „Vollmond“ läutet der gut gelaunte Entertainer humorvoll damit ein, dass es die Menschen in den ersten Reihen schwer hätten, da er unfassbar gut aussehe. Das Medley wird durch traditionellere Rock-Show-Moving-Lights hervorgehoben. Zu „Vollmond” starten auch die Livekamera-Bildprojektionen, in sepia getüncht. Die Lichtpod-Konstruktion erlaubt durch Kippstellungen und Verfahrungen zusätzliche Bilddynamik, fast laserartig gestochene „Lichtkorridore“ entstehen, deren Randlinien punktförmig auf- und abbewegt werden. Später regt Grönemeyer als Tanzlehrer augenzwinkernd das Publikum zum Mittanzen eines selbstkreierten Tanzes an, die nötigen Figuren werden als vorgefertigte Einspieler von Darstellern auf die Leinwand projiziert.

Grönemeyer das ist los
Ausgefahrene Position Die X4 Bars im Lichtpod schlagen „Lichtschneisen“ ins Bühnenbild und teilen den Raum neu auf (Bild: Carsten Klick)

Atmosphärisch ist die allein am E-Piano gespielte Ballade „Der Weg“, die sich um Abschied dreht, eines der atmosphärisch intensivsten Stücke des Konzerts. Sie wird optisch von einer in sepia getauchte Kamerafahrt ums Piano begleitet, im Hintergrund ergänzt durch ein Smartphone-Lichtermeer aus dem Zuschauerbereich.

Beim flotten Klassiker „Alkohol“ finden schwarz-weiße Projektionen statt, dazu grün-weiße Beams. Die rockige Nummer „Bleibt alles anders“ setzt Hecker – passend zur Textzeile „surf auf dem Scheitelpunkt des Lichts“ – mit einem in Nebel getauchten Lichtraum in türkis um, wobei das ausgefahrene Lichtpod hier einen gelungenen Raum im Raum erzeugt, mit klaren Konturen.

Grönemeyer das ist los
Lichtpod mit aktivierten X4 und X5 Die X5 Bars kommen im Bild als Beams zum Einsatz (Bild: Carsten Klick)

Das loyale Grönemeyer-Publikum bekam am Ende eine abwechslungsreiche und dynamische Show mit gelegentlichen Ausbrüchen geboten, die dazwischen immer wieder zum beige-braunen „Ruhepol“ zurückkehrte.

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