Kompakt-Check

High-End-Intercom von Riedel: Artist und Bolero

Als zweites System in unserer Kompakt-Check-Reihe über digitales Intercom betrachten wir dieses Mal eine auch für große Veranstaltungen und Broadcast-Anwendungen geeignete Lösung: Das digitale Intercom- Matrix-System von Riedel mit seinen zwei Pfeilern Artist und Bolero.

Riedel Artist
Riedel Artist (Bild: Riedel Communications)

Übersicht:

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Verschiedene Basisstationen

Besonderheiten Artist und Bolero

Durchdachte Features

Konfiguration

Fazit und Intercom-Beispiele


Riedel Communications aus Wuppertal (mit Dependancen in vielen anderen Ländern) gehen bei ihrer Intercom-Lösung einen anderen Weg als z.B. Green-Go aus unserem letzten Kompakt-Check: Anstatt die Endgeräte als intelligente Bestandteile zusammenzufügen, setzt Riedel auf „Nodes“ als Basis ihres Intercom-Aufbaus. Die User Interfaces wie Panels, Beltpacks und Funkstationen sind austauschbare Komponenten, die keine Programmierung intern speichern, sondern ihre Programmierung aus der Artist-Basisstation beziehen – und somit schnell austauschbar sind. Um ihrer zentralen Rolle im Intercom-System gerecht zu werden, sind die Nodes für eine hohe Redundanz u. a. mit doppelten, im Betrieb tauschbaren Netzteilen und Glasfaser-Ringleitungen ausgestattet, mit denen sich weitere Nodes anbinden lassen.

Modularer Artist 1024 Node
Modularer Artist 1024 Node mit (aufgrund von Kundenwünschen) hoher Portdichte und besonderem Fokus auf IP (Bild: Riedel Communications)

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Verschiedene Basisstationen

In den Versionen 32, 64, 128 und 1024 werden die Basisstationen in verschiedenen Größen angeboten, wobei selbst die kleinste Variante schon ein mächtiges Tool darstellt und nach einer eventuellen Erweiterung des Sets mit allen größeren Geschwistern kompatibel ist. Die Zahlen beschreiben die Anzahl der Ports und damit die Summe der maximal anschließbaren Endgeräte. Die Ports auf der Geräterückseite können je nach Variante des Geräts modular als Glasfaser-SFPs-, als RJ-45-, Coax- oder als 4-pol-XLR-Variante gewählt werden.

Die größte und modernste 1024er-Variante wird mit stromlos ablesbarem E-Ink-Display geliefert und ist durch ein Lizenzmodell auch von klein und günstig bis groß und fast grenzenlos zu skalieren. Nur die große Anzahl an physikalischen Buchsen war im nur 2 HE hohen Gerät nicht mehr unterzubringen und muss extern eingebunden werden. Oberstes Bestreben war es, das Intercom-Systeme in jegliche vorhandene Infrastruktur einbauen zu können und neben hoher Redundanz eine flexible Struktur zu schaffen. Durch den modularen Aufbau der Mainframes kann man das System mit fast allen erdenklichen Schnittstellen erweitern. So sind neben „altmodischen“ analogen Schnittstellen auch Dante, Madi, VoIP und alle SMPTE 2110-30 (AES 67) und -31 (AES 3) Karten erhältlich.

Riedel Intercom-Matrix
Riedel Intercom-Matrix Die Anordnung der Komponenten im Ringsystem (Bild: Riedel Communications)

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Besonderheiten Artist und Bolero

An User Interfaces sind einige Tisch- und 19″-Einbaupanels erhältlich. Abwärtskompatibel können sowohl die klassischen Modelle der 1000er-Serie, die viele schon von diversen Veranstaltungen gewohnt sind, genutzt werden. Aber es gibt auch modernste, App-gesteuerte Modelle aus der 1200er- und 2300er-Serie mit hochauflösendem Multi-Touch-Farbdisplay, mit der man die Möglichkeiten des Systems erst komplett ausschöpfen kann. Was sich nicht im Sortiment findet, sind kabelgebundene Beltpacks, die aber für ein System auf diesem Niveau auch nicht angemessen wären. Diese gibt es ausschließlich im kabellosen Bolero oder dem schon lange bewährten digitalen Performer-Partyline-System, das aber auch vollumfänglich mit dem Artist verbunden werden kann.

Dem Artist würde aber ohne die tragbare Komponente ein wesentlicher Teil fehlen. Daher entsteht mit der Erweiterung des drahtlosen Teils erst ein komplettes, rundum flexibles Intercom-System. Es nennt sich Bolero und arbeitet wie viele Konkurrenzsysteme im lizenz- und anmeldefreien DECT-Band von 1,9 GHz. Einzigartig ist, dass sich an ein Bolero-Netzwerk mittels NFC-Technologie sehr schnell neue Beltpacks ankoppeln lassen. Bis zu zehn Drahtlos-Beltpacks können mit einer Antenne gleichzeitig verbunden sein; das sind doppelt so viele wie bei Systemen anderer Hersteller, die dieses Frequenzband nutzen. Bis zu 100 Antennen und 250 Beltpacks können mit einem Bolero-Netzwerk und der Artist betrieben werden.
Bolero kann natürlich auch im Solobetrieb ohne Artist mit bis zu 100 Drahtlos-Beltpacks betrieben werden. Das Antennennetzwerk nutzt im Gegensatz zu anderen Systemen das normale IP-Netzwerk und kann in die vorhandene IT-Infrastruktur integriert werden. Im Solobetrieb können die Antennen auch mit einer redundanten CAT5-plug&play-Ver¬bindung als Ringsystem im Abstand von bis zu 300 m zwischen den Antennen betrieben werden. Selbstverständlich übernehmen Antennen ein Beltpack beim Wechsel von einer anderen Antenne unterbrechungsfrei. Eine redundante Stromversorgung über PoE+ oder Netzstrom ist vorgesehen.


»Bis zu zehn Drahtlos-Beltpacks können mit einer Antenne gleichzeitig verbunden sein; das sind doppelt so viele wie bei Systemen anderer Hersteller, die dieses Frequenzband nutzen.«


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Durchdachte Features

Neben den, beim Digital-Intercom fast schon selbstverständlichen, Features wie tageslichttauglichem, flipbarem Display und Reply-Funktion, besticht das Riedel Bolero einerseits durch eine exzellente Tonqualität, andererseits durch die Möglichkeit des umfänglichen Anknüpfens eines Mobiltelefons via Bluetooth. So lässt sich das Beltpack nicht nur vom „Besitzer“ koppeln, sondern man kann den Audiofeed sogar über das Beltpack in das komplette System übertragen. Als i-Tüpfelchen hat jedes Beltpack ein eingebautes Mikrofon sowie einen Lautsprecher – und kann so z. B. während des Aufbaus auch in „Walkie-Talkie-Manier“ betrieben werden.

An solchen durchdachten Features, aber auch weiteren kleinen Gadgets, wie z. B. einem integrierten Flaschenöffner im Gürtelclip, erkennt man, dass Riedel nicht nur als Hersteller sondern auch als Vermieter und somit Anwender der eigenen Geräte direkt Verbesserungen in die Produkte einbringt. 2019 wurde dieses Bestreben mit einem Red dot Award, einer Auszeichnung für besonders innovative Produkte, anerkannt.

Riedel Bolero
Riedel Bolero Antenne mit e-ink Display und robustes Beltpack (Bild: Riedel Communications)

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Konfiguration

Während man für das drahtgebundene Artist zwingend die Konfigurationssoftware „Director“ benötigt, lässt sich das drahtlose Bolero im Solobetrieb bequem mittels Web-Interface programmieren und steuern. Beide Systeme gekoppelt lassen sich aber als Gesamtes auch über Director programmieren. Am über 600 Seiten starken Handbuch erkennt man schnell den Unterschied zu anderen Systemen; hier ist viel möglich und man sollte man sich hiermit auch eingehend beschäftigen, um die volle Performance des Systems nutzen zu können.

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Fazit und Intercom-Beispiele

Die Zuverlässigkeit des Systems lässt sich schon an seinen derzeitigen Einsatzbereichen erahnen: es findet Verwendung z. B. mit dem BoleroS in der Kommunikation der Schiedsrichter im Bundesligafußball, in weiten Teilen der Formel 1 oder einem von der Partnerfirma Kommtech in Ungarn eingesetzten Bolero im Triage-Bereich eines Krankenhauses zur Vorsortierung der Notfallpatienten unter erschwerten Corona-Bedingungen (hier gehts zum Bericht „Krisenkommunikation mit Riedel Bolero“). Derartige Intercoms verändern auch bereits Sendeformate und die Berichterstattung von Sportveranstaltungen, wie hier beim 36. America’s Cup und modernisieren und dezentralisieren Produktionsabläufe (Artikel zu Remote Operations).

Wie schon in der Einleitung angesprochen, kann das Intercom-System aus dem Hause Riedel Communications extrem viel und ist – trotz seines großen Umfangs – sehr schnell am Start. Dafür sorgen (neben dem einfachen Reset auf Werkseinstellung und dem schnellen Aufspielen eines Basisfiles) einige praktische Schnittstellen, wie das Importieren aus einer vorbereiteten Excel-Tabelle, das Wysiwyg Interface zum Programmieren der einzelnen Tasten und natürlich (für deutschsprachige Nutzer) das detaillierte Handbuch. Um es aber vollumfänglich und mit allen Vorteilen nutzen zu können, sollte man sich den Operator und Kenner des Systems zur Veranstaltung leisten. Wenn Intercom auf der eigenen Veranstaltung nur nebenbei betrieben werden kann, wäre man mit einer einfacheren Partyline-Lösung wohl besser und günstiger bedient.

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