Licht-Entwicklungen

#25YEARSPP – Von der PAR-Artistik zum Licht-Design

Die Anfangstage der Bühnenbeleuchtung waren von Learning-by-doing und kreativen Experimenten geprägt. Beste Ergebnisse erzielt aber auch heute noch, wer außer auf High-Tech-Material auch auf grundlegende Beleuchtungs-Basics zurückgreifen kann.

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(Bild: Detlef Hoepfner)

Die Fachkraft für Veranstaltungstechnik bzw. der Meister für Veranstaltungstechnik gehören heute zu den beliebtesten Berufsbildern. Rückblickend betrachtet hat sich in den letzten 25 Jahren aber nicht nur aus technischer Perspektive viel bewegt: Wer – wie ich damals – als Beleuchter oder Lichttechniker seinen Lebensunterhalt verdienen wollte, musste einfach irgendwie damit anfangen. Es gab kein offizielles Berufsbild und entsprechend auch keine Ausbildung. Man lernte von den älteren und erfahrenen Kollegen. Das konnte Konflikte mit dem Elternhaus auslösen, die naturgemäß auf eine abgeschlossene Berufsausbildung des Nachwuchses bestanden. Aber man begann als Helfer, und hatte man sich entschlossen, diese Tätigkeit zum Beruf zu machen, führte einen dieser Entschluss zu größeren Dienstleistern wie der Kölner Showtec. In meiner Erinnerung ein grandioser Betrieb mit faszinierenden Menschen, von denen heute nicht wenige ihre eigenen, äußerst etablierten Firmen führen.

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Teilweise abenteuerliche Praxis

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Hinsichtlich der Sicherheit und des Arbeitsschutzes hat sich mit Einführung der Berufsbilder eine Menge zum Positiven bewegt. So schweißte mein langjähriger „Ziehvater“ Michael „Plüsch“ Wolf die Lichtträger für den neuen Zeltpalast von André Heller’s Chinesischem Nationalcircus noch selbst auf dem Wiener Rathausplatz. Auch das Einleuchten der ACL-Gruppen in 14 Metern Höhe war nach kurzer Eingewöhnungszeit Routine. So wie es damals üblich war: Den Kopf wegen des schrägen Zeltdaches an die linke Schulter gedrückt, die Hände am Obergurt des Traversenkranzes, die Füße im Untergurt. Während des Einleuchtens dann immer mit einem Bein das entsprechende PAR-Gehäuse ausrichten, und die Runde im Zeltdach vollenden. Natürlich alles ohne Gurt und Seil, was aus heutiger Perspektive mehr als fragwürdig erscheint. Es dauerte einige Jahre, bis Themen wie Arbeitsschutz zur Selbstverständlichkeit wurden (siehe auch Michael Ebners Beitrag dazu ab Seite 56), und diese „neuen“ Berufe von IHKs und Handwerkskammern nicht nur akzeptiert, sondern für diese auch zu einem neuen Geschäftsfeld heranwuchsen.

Steuertechnik und Lichtdesign

Technisch hat die Branche nicht nur mit der Marktreife der blauen LED gewaltige Fortschritte gemacht. Mein erster Beitrag für PRODUCTION PARTNER war die Erläuterung des damals neuen Standard-Protokolls der Lichttechnik: DMX512/1990 – es sollte die damals üblichen analogen Multicorekabel ersetzen. Es folgten zahlreiche Gerätetests, Konzertberichte, Gespräche mit Lichtdesignern. Man traf auf Menschen wie Günter Jäckle, der uns damals bei der Entwicklung von Light Guide unterstützte: Einem CAD-Tool auf Autosketch-Basis aus dem Hause PRODUCTION PARTNER, mit dem sich erstmalig preiswert digitale Beleuchtungspläne mit standardisierten Symbolen zeichnen ließen. Günter Jäckle war (und ist) nicht nur einer der begnadeten Lichtdesigner, die Frontraversen schon am Boden einleuchten konnten, er beeindruckte schon damals als kreativer Mensch und Tüftler. So waren die ersten beweglichen Videobeamer im Bügel eines Moving Lights eine seiner Eigenkreationen bei Herbert Grönemeyer. Ähnlich faszinierend wie Willie Willams, der 1997 bei der U2 Pop Mart-Tournee (Stage Architect: Mark Fisher) mit einer (für damalige Verhältnisse) gigantisch großen Videowand, zusammengesetzt aus einer Art LED-bestückter Dachlatten, bisher ungekannte Bilderwelten schuf. Auch die Gerätetests erscheinen aus heutiger Sicht etwas belustigend. Damals testeten wir den seinerzeit revolutionären Scancommander aus dem Hause MA Lighting Technology von Dipl.-Ing. Michael Adenau. Die Fotos in PRODUCTION PARTNER zeigten unter anderem den Prototypen, aufgebaut auf Lochrasterplatinen. Im Fazit war zu lesen, dass dieses Gerät wohl nur für wenige Großproduktionen geeignet sei: Weil man bis zu 16 bewegliche Scheinwerfer damit steuern könne …

Architekturinszenierung

Die technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen eröffneten für einige Marktteilnehmer gar zusätzliche Geschäftsfelder. Es entstanden Begriffe wie das „Architainment“, vermutlich der Versuch, dynamische Architekturbeleuchtung zu umschreiben. Die Beleuchtung von Bauten und Fassaden beschränkte sich bis ca. 1996 ja auf das An- und Ausschalten, warmweißes oder kaltweißes Licht. Die in der Architektur üblichen Steuersignale wie EIB/KNX oder DALI waren schlicht unbrauchbar und erforderten neue Entwicklungen. Übergangsweise – zum Beispiel beim Lichtkokon in André Heller’s RWE-Meteorit – wurde daher noch eine komplette Jands Hog unterhalb des Fußbodens montiert, weil es seinerzeit noch kein kleines alternatives Gerät gab, was DMX-Signale zur Farbsteuerung mit der Musik von Brian Eno in Einklang bringen konnte.

Zukunftshoffnung: beeindruckende Bühnenbilder inszenieren

Die technischen Entwicklungen und dann die Digitalisierung hatten also unmittelbaren Einfluss auf das Lichtdesign. Licht und Videotechnik verschmolzen in den letzten Jahren sichtbar. Heute sind viele Veranstaltungen äußerst großbildlastig, was nicht immer von Vorteil ist. Als jahrelanger Beobachter vermisst man doch die Menschen, die noch statische Scheinwerfer „einleuchten“ können und mit wenig Technikeinsatz beeindruckende Bühnenbilder inszenieren. Speziell bei großen TV-Ereignissen werden die Künstler heute gern mit einer Art Licht- und Videotsunami von der Bühne gespült. Das grundsätzliche „Beleuchterhandwerk“ hat durch die rasante Entwicklung der Bühnentechnik vermutlich etwas an Wertigkeit verloren, was sich in seltenen Momenten bereits in der Zwischenprüfung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik zeigt: So sollte ein Prüfling ein A1-Plakat auf einer Wandfläche in Szene setzen. Zur Verfügung standen Stufenlinsen, asymmetrische Fluter und Profilscheinwerfer. Der junge Mann zeigte selbstbewusst auf den Fluter und war sich sicher, dass er das „Stroboskop“ auf keinen Fall einsetzen könne. Im Grunde müsse er diese einfachen Dinge aber auch nicht wissen – schließlich sei er „ausschließlich als Moving Light-Operator tätig“

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