The Show on Earth 2016

Stilvoll und detailverliebt: Adele 25 Welttournee

Die britische Sängerin Adele startete Anfang 2016 zu einer Welttournee, die über 100 Konzerte an 44 Spielstätten zwischen Februar und November spielte: Wenn eine Show im Jahr 2016 den Titel „The Show On Earth“ verdient, dann sicherlich diese. Bis ins letzte Detail liebevoll und stilsicher konzipiert, immer perfekt dramaturgisch – dabei aber nicht steril – inszeniert, den Fokus immer auf die Musik und die Künstlerin gerichtet, haben hier alle beteiligten Kreativkräfte und Techniker im Hintergrund einen äußerst bemerkenswerten Job gemacht. Herausgekommen ist eine technisch sehr anspruchsvolle und komplexe Produktion, der man es aber eben nicht ansieht, dass sie so komplex hinter den Kulissen ist.

Adele 25
Lichtdesign beim Titel „Skyfall“ (Bild: Manfred H. Vogel)

Das dritte Album und die Single „Hello“ stürmten an die Spitze mehrerer Verkaufslisten und dürften für ein sehr angenehmes Budget bei der Planung der Welttournee gesorgt haben. Wie stark das Interesse der Fans war, die Ausnahmekünstlerin live zu erleben, war allein schon daran abzulesen, dass sämtliche Karten der Welttournee in Windeseile ausverkauft waren. Die Künstlerin soll aber trotz des Erfolges des Albums regelrecht überredet worden sein, sich auf eine Tournee dieser Größenordnung einzulassen. Adele hat sich durch ihre Alben und Performances den Stellenwert eines Weltstars erarbeitet, entsprechend riesig war der mediale Hype. Auch das Interesse der internationalen Fachpresse war derartig groß, dass die Tourneeleitung eigentlich weltweit nur einem Fachmagazin den Blick hinter die Kulissen und pro Land nur einem Redakteur den Showbesuch erlaubte – wobei keine Backstage- oder Show-Fotos angefertigt sowie keine Interviews mit den Technikern und Kreativen geführt werden durften. Daher an dieser Stelle bereits ein herzlicher Dank an Lighting Director Roland Greil und Systemtechniker Ulf Oeckel aus der Adele-Crew für die Ermöglichung dieses Berichtes sowie an die TPI-Kollegin Kelly Murray für die Unterstützung mit weiterem Material.

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German Engineering und britische Gewerke

Als schließlich die Weichen zur Tour gestellt waren, wurden die Tourneeproben im Wembley Stadion organisiert – nicht, weil man ein protziges Zeichen setzen wollte, sondern weil andere Locations inzwischen ausgebucht waren. In einer so großartigen Örtlichkeit zu proben, erwies sich im Nachhinein als sehr vorteilhaft. Zumal dadurch nicht nur die visuellen Aspekte der Show, sondern vor allem das einzigartige Sound-Design optimal erarbeitet und erprobt werden konnten. Dabei kam nicht nur Personal (wie etwa Björn Börnecke als Systemtechniker) aus Deutschland, auch German Engineering gab es: Sennheiser und Beyerdynamic waren im Audiobereich präsent und Black Box Music lieferte „Holz“ und das nötige Zubehör. Gerriets steuerte gewohnt professionelle und ausgesuchte Materialien für die Videoprojektion bei. Die meisten Gewerke stammen aber erwartungsgemäß aus England. Für die Video-Projektionstechnik war Creative Technology CT verantwortlich, die bereits mit Production Manager Richard Young u. a. Pink und Radiohead betreute. Auf der A-Stage bildete eine 22,5 × 8 m LED-Wand den imposanten Backdrop. Durch Verwendung von Carbon-Bauteilen konnte das Gewicht der Wand auf 11 kg pro m2 reduziert werden. Die B-Stage war mit vier ausrollbaren Gaze-Leinwänden bestückt und von vier 20K Panasonic-Projektoren, die im Portrait- Modus arbeiteten, bespielt. Auf jede Seite konnte ein Livebild projiziert werden. Videoregisseur Matt Askem standen insgesamt sechs Kameras (davon eine Tower Cam) zur Verfügung. Über Photon Medienserver wurden die Inhalte auf das jeweils benötigte Format angepasst. Fingerspitzengefühl ist bei der Anpassung der Projektoren wichtig. Hier galt es, die bestmögliche Position zu finden – aber den PA Hangs den Vorzug, um die optimale Position zu überlassen.

Video für erzählerische Darstellung

Ein echtes Highlight der Bühnenshow war die raffbare, 29 m breite und 9,5 m hohe Projektionsfläche, die in enger Zusammenarbeit zwischen der Produktionsdesignerin Es Devlin und Gerriets auf die Produktion hin angepasst wurde. Der Vorhang wurde von Gerriets aus dem hochwertigen Gobelintüll ISOLDE BW gefertigt. Die Gobelintülle lassen sich u. a. sehr gut als semitransparente Projektionsflächen einsetzen und zeichnen sich durch eine hohe Formstabilität aus. Hier waren Barco-Projektoren im Einsatz, die den riesigen IMAG-Screen bespielten.

Herzstücke der Videotechnik waren ein 2.5 Grass Valley ME Kayak Mischer sowie fünf Sony HXC 100s, drei davon mit XJ 86 Optiken. Ein derartig leistungsstarker Bildmischer war wichtig, da alle – sehr unterschiedliche – Flächen von hier aus beliefert wurden. Die Regie befand sich backstage, die Kameras wurden u. a. souverän an den seitlichen FOH-Plätzen positioniert. Als Content wurden sehr häufig Live-Bilder der Künstlerin gezeigt. Gezielte Pausen beim Video oder zum Teil sehr persönliche Foto-Collagen sowie offizielle Videoclips sorgten für Highlights und gelungene Abwechslung. Immer aber wird dabei auf eine erzählerische Darstellung Wert gelegt.

Adele 25
Regen auf der B-Stage (Bild: Manfred H. Vogel)

Für den reibungslosen und imposanten Einsatz der Spezialeffekte war Quantum Special Effects verantwortlich. Zwei extra für diese Produktion entwickelte Produkte waren im Einsatz: Auf der B-Stage wurde Adele an vier Seiten von einem Regenvorhang umschlossen (ohne selbst einen Tropfen Wasser abzubekommen). Bei der Entwicklung des Systems wurde darauf geachtet, dass es für den Tourneebetrieb beste Voraussetzungen bieten würde: Aus acht Tanks rieselt das Wasser in Auffangbecken unter der Bühne, so dass es nach entsprechendem Recycling wiederverwendet werden kann. Überdies arbeiten alle Faktoren des Systems geräuscharm und sind für das Rigging optimiert worden, incl. Füllung benötigt man zwei Stunden. Für das Ende der Show wurde zum Hit „Rolling in the Deep“ der zweite Spezialeffekt aufgespart: Satte 128 kg Konfetti regneten aus zwölf Konfettikanonen über eine scheinbar endlos wirkende Minute auf die Zuschauer herunter. Auf den kleinen Zettel fanden sich zehn handschriftlich wirkende Botschaften der Künstlerin wie „Thanks for coming“.

Adele 25: Licht- und Bühnendesign

Am Anfang der Tourneeplanung schwebte die Frage, ob Adele – die sich lange nicht für eine Tournee dieses Ausmaßes begeistern konnte – überhaupt jemals wieder eine derartig große, aufwändige Tournee unternehmen würde? Es galt daher eine Produktion zu schaffen, die sowohl den Fans zu 100 % gefallen würde, aber genauso auch den Star begeistern und allabendlich zur Bestleistung bringen sollte. Nichts sollte bei dieser Produktion schieflaufen – und dafür das Who is Who der Branche mit Know-how und dem besten und sinnvollsten Equipment sorgen. Die Fans sollten das Gefühl einer nahen, eleganten Begegnung mit der Sängerin vermittelt bekommen; Persönlichkeit und die einzigartige Stimme Adeles Dreh- und Angelpunkt sein. Die übrigen Showelemente würden die Künstlerin dabei lediglich unterstützen. Nichts sollte ablenken, sondern helfen, den Fokus in der Arenasituation auf genau diese beiden Aspekte zu lenken. Die Production Designerin Es Devlin arbeitete bereits während der ersten Phase der Produktion eng mit der Künstlerin zusammen. Adele selbst hatte, wie bei ihrer musikalischen Arbeit, auch bei der visuellen Umsetzung der Präsentation ganz klare Vorstellungen. An jedem Detail – ob Videoinhalte, Lichtstimmungen oder an Aspekten des Bühnendesigns – war Adele interessiert, gab sich professionell ein und vielen Bereichen ihre ganz persönliche Note. Im Laufe der Vorbereitungen fanden zudem einige Promotion-Auftritte statt, während derer Ideen auf den Prüfstand kommen konnten. Bis zum Beginn der Proben in Wembley wurden zahlreiche Aspekte detailliert vorbereitet, verbessert oder gar umgeworfen. Devlin, die zuvor auch mit Beyonce an deren Tour gearbeitet hatte, beschrieb die Planungsphase als starke, kreative Zusammenarbeit aller Beteiligten unter einer klaren Mission.

Visuals Teamwork XXL

Als Lichtdesigner wurde Patrick Woodroffe engagiert – ein enger Freund von Es Devlin. Patrick habe – so Devlin – Schönheit, Eleganz und Erfahrungen in das Abenteuer gebracht. Die künstlerische Leitung des Video Departments oblag Video Director Matt Askem, der Video-Content stammte aus dem Hause Treatment und wurde unter der Leitung von Luke Halls und Lizzie Pockock produziert. Nicht unerheblich am Ergebnis der visuellen Präsentation beteiligt waren überdies Adeles Make-up Artist Michael Asthon, Stylistin Gaelle Paul und die britische Mode Manufaktur Burberry sowie das stets äußerst engagierte Adele Management Jonathan Dickens und Rose Moon. Die Beurteilungen der technischen Expertisen und die entscheidende Koordination lang in den Händen des erfahrenen Produktionsleiters Richard Young.

Woodroffe, der zusammen mit Designer Adam Bassett als Woodroffe/Basset Ltd. firmiert, hat in der jüngsten Vergangenheit zusammen mit Es Devlin an Batman Live gearbeitet, bei dem sich Elemente der Rockmusik und des Theaters zu einer mitreißenden Arena-Produktion zusammenfügen. Diese Erfahrungen seien insbesondere für die Adele-Tour hilfreich gewesen und in die Arbeit am Konzept eingeflossen.

Adele 25
Beide Bühnen in einer Linie, rechts der FoH (Bild: Manfred H. Vogel)

Adeles Show sei „the same sort of thing“ gewesen, so Woodroffe, jedoch ohne den Bombast des Batman-Projekts. Auf dieser gemeinsamen Grundlage, so Woodroffe weiter, sei es eine sehr gute Entscheidung gewesen, die Zusammenarbeit mit Devlin fortzuführen. Während der Promotion-Auftritte entstand auch die Idee, kaum Farben einzusetzen, sondern sich fast ausschließlich dem weißen Lichtspektrum zu verschreiben, so dass eine elegante, dramatische und anmutige, aber gleichzeitig auch zeitlose Show entstehen würde, die in einer anderen, so noch nie da gewesenen Art und Weise wirken würde. Dieses Konzept wurde während der kompletten Show durchgehalten. Nur gelegentlich kamen Pastelltöne im Lichtdesign hinzu, um kleine Akzente zu setzen, und beim 007-Titel „Skyfall“ wurde mit sattem rot ein großartig wirkender Effekt kreiert.

Zeitlose Eleganz: LED, Licht, Projektion

Eines der Stilmittel, um die gewünschte zeitlose Eleganz zu erreichen, dürften die sehr gekonnten nahtlosen Übergänge zwischen LED-Wand, Lichtstimmungen und der Projektionen sein. Das Lichtkonzept war grundlegend eher architektonisch ausgerichtet und mit – oder trotz – der zahlreichen eng gestaffelten Moving Lights an der Bühnendecke untrennbarer, integrierter Teil des Bühnendesigns. Als Operator und Lighting Director konnte Roland Greil gewonnen werden, der seit vielen Jahren eng mit Woodroffe/Bassett zusammenarbeitet (siehe dazu auch unsere Story zur Spandau Ballett Welttournee auf www.production-partner.de). Die Steuerung der rund 450 Lampen – in 40 DMX Universen – erfolgte über eine grandMA 2, wobei Roland Greil die komplette Show manuell fuhr und keinerlei Timecode-Sequenzen abrief.  Stattdessen bekam er einen In-Ear-Mix mit Click Track und konzentrierte sich ganz auf die musikalische Darbietung. Diese Arbeitsweise sei schon deshalb unabdingbar, weil das hohe Niveau der musikalischen Performance sich durchaus kleine, reizvolle Schlenker herausnehme, auf die es entsprechend zu reagieren gelte.

Auf das „klassische Kupfer“ wurde bei der Signaldistribution weitgehend verzichtet, indem man bis zu den Traversen Ethernet-Verbindungen einsetzte und diese dabei wie kleine DMX-Multicores mit vier DMX-Wegen nutzte. Bis hin zum Mothergrid wurde die Signaldistribution mithilfe von ArtNet bewerkstelligt. Diese Lösung verringerte die Länge und Menge der zu verlegenden Kabelstrecken deutlich und zeigte nach 30 gespielten Shows (zum Zeitpunkt des von uns besuchten Konzerts in Köln) keinerlei Ausfälle oder Fehlfunktionen, und auch danach arbeitete das System weiterhin fehlerfrei.

Grundgerüst: Clay Paky Scenius, Robe BMFL und Ayrton Magic Blade

Die Adele-Tournee war einer der ersten Einsätze, bei denen der Clay Paky Scenius Spot in großen Stückzahlen (70 Stück) zum Einsatz kam, häufig als Publikumslicht. Roland Greil bezeichnete den Scenius bei diesem Marktstart als eine „gute Lampe, die lediglich einige kleine, durchaus übliche Kinderkrankheiten besitzt, welche aber inzwischen behoben sind“. Oberhalb der A-Stage waren 90 × BMFL Spots an symmetrischen LX Traversen angebracht; vier weitere BMFL Fixtures hingen an Traversen über der zweiten Bühne im Publikumsraum. Die Scheinwerfer zeichneten für den Hauptteil der Hintergrundbeleuchtung verantwortlich und lieferten zuverlässige Profil-Effekte. Überdies wurden die Robe BMFL immer dann eingesetzt, wenn es galt, eine Theateratmosphäre zu kreieren oder aber wenn kräftige und scharfe Hintergrund-Looks benötigt wurden. Die BMFL wurden vom Lichtdesigner eigens für diese Aufgabenbereiche ausgewählt, weil sie gerade hier besonders leistungsstark seien. Besonders im Zusammenspiel mit den 94 × Ayrton Magic Blades entstanden reizvolle symmetrische Lichtstrukturen über der Bühne. Auch die fast 100 × Robe BMFL, die zwar schon etabliert sind, aber von Roland Greil auf dieser Tour erstmals bedient wurden, lobte der Operator als wahre Arbeitspferde, als sehr gute und zuverlässige Lampen. Weiterhin kamen zum Einsatz 27 × Martin Viper Performances, 16 × VL3500 Wash, 16 × Clay Paky Sharpy, 44 × 2-lite Generic Molefays, 4 × ETC Source Four LUSTR LED, 27 × Color Kinetics intelliWhite LED sowie drei MDG the ONE atmospheric und zwei Robert Juliat Victor 1800. Für die Steuerung wurden zwei MA grandMA 2 (1 × Havarie), eine grandMA 2 Light und fünf Grand MA NPUs verwendet. Als Hazer kamen drei MDG The One zum Einsatz.


Licht-Crew

Lighting Designer – Patrick Woodroffe

Associate Lighting Designer – Adam Bassett

Lighting Programmer/Lighting Director – Roland Greil

Set Designer & Creative Director – Es Devlin

Video Production – Luke Halls, Third Company

Production Director – Richard Young

Management – Jonathan Dickens und Rose Moon

Lichttechniker – Jamie Gorman

Crew Chief – Chris Davis

System Tech – Luke Radin

Lichttechniker – James Fredrickson

Lichttechnikerin – Sarah Janebrink


Sound-Design: nahtlose Ortung auf zwei Bühnen

Ein sehr außergewöhnliches und einzigartiges Sound Design beeindruckt auf der Adele Welttournee. Da eine 270°-Bespielung der A-Stage konzipiert worden war und überdies die B-Stage in der Hallenmitte eine nicht unerhebliche Rolle spielen würde, galt es, ein gutes Sounddesign realisieren. Eine Vorgabe lautete: Wo auch immer sich die Sängerin während des Konzerts befinden würde – von dort sollte sie auch akustisch zu orten sein. Konsequenterweise sollte dieser Eindruck auch dann geboten werden, wenn sich Adele von der A- zur B- oder von der B- zur A-Stage bewegte. In diesem Fall sollte das Klangbild entsprechend mitgeführt werden. Wie von der Toncrew zu erfahren war, wurde dieser Moment an jedem Abend vom Publikum regelrecht bejubelt, auch beim Konzert in Köln ging in diesem Augenblick ein Raunen durch die Halle. „Es gibt physikalisch bedingte Probleme, wenn man versucht, den Klang von einem zum anderen System zu blenden.

Adele 2016 Köln
Licht-Crew Jamie Gorman (Lichttechniker), Chris Davis (Crew Chief), Luke Radin (System Tech), James Fredrickson (Lichttechniker), Sarah Janebrink (Lichttechniker) sowie (untere Reihe) Jim Mills (Dimmer) und Roland Greil (Lighting Director & Programmer) (Bild: Harald Heckendorf)

In einem großen Raum wie einer Arena kann man nicht aus zwei Quellen, die sich auch noch gegenüberstehen ein brauchbares Klangbild schaffen. Daher erfordert es eine sehr sorgfältige Vorgehensweise, denn schließlich soll für alle Anwesenden – auch für die am Ende des Beschallungsraums – zu keinem Zeitpunkt ein schlechtes Klangbild entstehen“, betonte FOH-Ingenieur Dave Bracey. Um diese beeindruckenden Fades für alle Konzertbesucher umzusetzen, wurde eine TiMax SoundHub-S32 Audio Showcontrol Matrix verwendet. Damit können „Timelines“ gezogen werden und die unterschiedlichen Fades (Blendzeiten) für alle Speaker. Überdies können auch die Delayzeiten nachgezogen und angepasst werden – zumal die Rear Hangs der B-Stage auch noch als Delays für die Main-PA (A-Stage) eingesetzt werden.

Adele 2016 Köln
Lighting Director Roland Greil arbeitet seit vielen Jahren erfolgreich mit Woodroffe/Bassett zusammen (Bild: Harald Heckendorf)

Ein Beispiel: Wenn die B-Stage als Hauptquelle dient, ist die Delay Line bei null. Wenn nun auf die A-Stage gefaded wird, muss ein Delay in der B-Stage-Beschallung eingebracht werden, und zwar so, dass sie auch während des Fades die passende Laufzeit zur A-Stage besitzt. Diese Arbeit wird vom – TiMaxSoundHub-S32 abgenommen. „Laufzeiten in beide Richtungen zu faden ist eigentlich nicht wirklich machbar im Audio Processing, da – her ist es ein Wunder, dass es so gut funktioniert“, lachte Dave Bracey. Im Grunde sind beide Bühnen gleichberechtigt und können jeweils für sich den Spielort beschallen. Mit TiMax gelingt es, das Klangereignis nahtlos von einem System zum anderen zu faden, ohne dabei Klangeinbrüche zu verursachen. Dieses Konzept arbeitet mit zwölf unabhängigen Cross Fades, die auf Main L/R, Side L/R, Rear L/R, Subwoofer, die Front Fills der Main Stage wirken sowie auf vier Mono Front- und Rear- Hangs (zählt noch jemand mit?) und Front-Fills der B-Stage.

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Dave Bracey sorgte für erstklassigen Sound (Bild: Harald Heckendorf)

TiMax doppelt in parallele AES und analoge Signalpfade und bedient sich der Failsafe Auto Changeover-Möglichkeiten in den Lake Prozessoren des Systems. Unterstützt und vorbereitet wird seine Arbeit von Systemtechniker Ulf Oeckel. Gemeinsam schufen die beiden erfahrenen Spezialisten bereits für Cher und P!nk vielbeachtete Live-Sound-Ergebnisse. Auf der Grundlage dieser gemeinsamen positiven Erfahrungen war dies nun die dritte Tourneeproduktion des Teams. Die Arbeit an dem Sounddesign als auch dessen Umsetzung auf der Tournee gestaltete sich entsprechend unkompliziert. Beide sind ausgewiesene L-Acoustics-User und Dave Bracey bekundete, dass er keinen Anlass sähe, sich für ein anderes System zu entscheiden, da sich das K2 (sowie das K1) bisher immer als ideal erwiesen hätten. Insgesamt werden auf der Tour 150 L-Acoustics K2 eingesetzt: Jeweils zwei Main-Hangs mit je zehn K2 und drei K1SB, zwei Side-Hangs mit je 18 K2 und zwei Rear-Hangs mit je elf K2 hängen über der Hauptbühne. Über der B-Stage befinden sich vier Hangs mit jeweils 18 K2. Um die Beschallungssysteme beider Bühnen (A-Stage 270° und B-Stage 360º) einzumessen, setzte Systemtechniker Ulf Oeckel auf das neue Beyerdynamic-Mikrofon TG MM1w.

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Audiozentrale Rack u. a. mit Timax SoundHub-S32, Beyerdynamic TG 1000 und LAB.Gruppen Lake LM 44 (Bild: Harald Heckendorf)

Der international gefragte L-Acoustics-Systemtechniker und -Trainer hatte die Gelegenheit, schon früh mit der Kombination aus digitaler Drahtlosstrecke, Handsender und TG MM1w exklusiv auf der Adele-Tournee zu arbeiten: Das TG MM1w war zum Zeitpunkt des Köln-Konzerts bereits neun Monate unter Tourneebedingungen im Einsatz und erwies sich als sehr exaktes und äußerst stabiles Mikrofon, so Ulf Oeckel Fazit. Zuvor hatte er das Mikrofon zusammen mit dem TG 1000 auf einer Mark-Knopfler-Tour eingesetzt, verglichen und erprobt und den Entwicklern nützliche Erfahrungen aus der Praxis geliefert. „Dank integrierter Booster ist die Sendeleistung für den Einsatz in Arenen jetzt richtig cool und auch das Handling des Handsenders ist sehr angenehm“, resümierte Ulf Oeckel und lobte die Qualität: In der Regel verschleiße er im Laufe eines Tourneejahres fünf bis sechs Messmikrofone dieser Preisklasse. Oeckel erklärte weiter, dass die meisten Messmikrofone im HF-Bereich an Performance verlieren und deshalb ungenau werden: „Das TG MM1w liefert nach neun Monaten immer noch konstante und verlässliche Werte. Es beeindruckt mich wirklich sehr, denn es kommt deutlich teureren Messmikrofonen sehr nah!“

Nicht nur Beyerdynamic, sondern auch Sennheiser konnte mit „German Engineering“ punkten. Schon auf ihrer vorherigen Tournee benutze Adele bereits ein Sennheiser-SKM 2000XP mit MMK 965-Kapsel. Während der Proben sollten jedoch verschiedene Alternativen ausprobiert werden, um zu erfahren, ob es inzwischen vielleicht eine lohnenswerte technische Neuigkeit gäbe. Doch es hätten sich, so die Crew, weitere Erprobungen erübrigt, nachdem das digitale Senn- heiser 9000 ausprobiert worden sei. Das vorherige Sennheiser- Mikrofon wurde sogleich mit dem SKM 9000 mit 9235- Kapsel verglichen – und der Sound als „doppelt so gut“ befunden. Die Verbesserung sei derartig hörbar gewesen, dass die Toncrew und Künstlerin sich spontan für diese Lösung entschieden. Als Grund für den klareren Klang machte man den hier möglichen Verzicht auf einen Kompander in der Übertragungsstrecke verantwortlich.

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Bewährt: digitaler Beyerdynamic-Handsender und TG MM1w

Zunächst sei der Signalweg des Mikrofons noch über den analogen Ausgang des Empfängers verlaufen, dann verglichen die Tonverantwortlichen das Mikrofonsignal mit dem des AES-Ausgangs. Der Klang sei dann noch besser geworden, schwärmte Dave Bracey. Inzwischen wird das AES-Signal von der Kapsel bis zu den Verstärkern genutzt. Nicht nur die Crew ist sehr zufrieden mit der Wahl, auch die Künstlerin, habe Gefallen an dem Klang der Digital 9000 Serie gefunden. Dass trotz des überzeugenden Klangs des Systems noch Signal-Processing nötig wurde, hatte andere Gründe: Nicht genug damit, dass für die Show im Wechsel eine 270- Grad- und eine 360-Grad-Beschallung erforderlich wurden, Adele singt auf der A-Stage zahlreiche Lieder auf einer Bühnenzunge nur wenige Meter vor den Line-Arrays.

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(Bild: Harald Heckendorf)

Diese Zunge ist die Spitze der dreieckigen Bühne und bietet ausreichend Raum, um bei einigen Liedern auch noch Bandmitglieder zu positionieren. Für Dave Bracey bedeutet diese Position also zusätzliches Processing, um stets die klangliche Balance zu behalten. Hinzu kommt die enorme Bandbreite der Gesangsperformance sowohl hinsichtlich des großen Stimmumfangs als auch der Dynamik. Adele verstehe es sehr gut, die Dynamik mit dem richtigen Mikrofonabstand abzustimmen, so Dave Bracey. Leise Passagen werden sehr nah an den Lippen gesungen, bei kräftigen Passagen betrage der Abstand zum Mikrofon auch schon mal 30 cm. Diese beiden Komponenten – Singen vor der PA und die stimmliche Dynamik – verlangten ein nicht unerhebliches Maß an Processing. Hinzu kamen überdies lange Ansprachen zwischen den Songs, die absolute Sprachverständlichkeit verlangten. Für die Dauer dieser Ansagen (die jeden Abend sehr spontan und äußerst charmant vorgetragen wurden) bat Bracey die Künstlerin, möglichst nah am Mikrofon zu bleiben. Ein für diese Momente zugeschalteter Hochpassfilter nahm der Stimme etwas vom Low-End- Volumen.

In Ear

Auch beim In-Ear-Monitoring kamen Sennheiser-Produkte zum Einsatz. Insgesamt 22 Systeme der 2000er-Serie waren im Einsatz, die alle im selben Frequenzbereich / Block arbeiteten. Für die Sängerin sind vier Frequenzen in zwei Bandbereichen reserviert – jeweils für ein Haupt- und ein Havarie-Set. Acht Mikrofone der 9000er-Serie sind insgesamt im Einsatz, sodass ein Rack komplett belegt ist. Ein zweites Rack steht als Back-Up bereit.

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Zum ersten Mal mit dem digitalen Sennheiser 9000 unterwegs (Bild: Alexandra Waespi)

Einige Techniker werden drahtlos mit Rückstrecken versorgt. Insgesamt werden für jede Show 32 Frequenzen benötigt und (wie üblich) für jedes Venue neu gescannt. Die digitalen Mikrofonempfänger verfügen über einen sehr guten HF-Signal/Rauschabstand, und es ist lediglich ein Signal- Rauschabstand von rund 10 dB erforderlich, um das Audiosignal bereits einwandfrei empfangen zu können. Die Erfahrungen der Crew: Das Digital 9000 funktioniere selbst in problematischen HF-Umgebungen, in denen andere Systeme Aussetzer liefern würden. Dabei müssen die Techniker bei der Positionierung der Antennen kompromissbereit sein, denn der Look der Show verlangt unsichtbare Audiotechnik.

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B-Stage als Centerstage (Bild: Manfred H. Vogel)

Die Antennen sind Stage left an einem Geländer befestigt und daher nicht in der wünschenswerten Höhe, trotzdem habe es bisher keine Funkprobleme gegeben. Am FOH-Platz, der nicht wie üblich eine zentrale Position in der Halle bezieht, sondern sich (wie auch der gegenüberliegende Licht-FOH) seitlich zwischen A-und B-Stage befindet, wurde eine weitere Antenne aufgestellt und auf die B-Stage gerichtet. Auf diese Weise kann problemlos zwischen beiden Empfängersystemen geschaltet werden, so dass stets die optimale Signalstärke genutzt werden kann.

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